Home=Aktuelle Kometen
| Die Fachgruppe
| Anleitungen
| Archiv: C/2019 Y4
| Projekte+Publikationen
| Bilder
| Kontakt
Das ATLAS-Team fand auf Aufnahmen vom 28. Dezember 2019 einen Kometen im südlichen Teil des Sternbilds Großer Bär, nahe der Grenze zu den Sternbildern Löwe und Haar der Berenice. Komet C/2019 Y4 (ATLAS) wies eine 8" große, stark verdichtete Koma der Gesamthelligkeit 18.5m und einen 15" langen Schweif in PW=280° auf. Der Komet wird sein sehr sonnennahes Perihel (0.25 AE) am 30. Mai 2020 passieren und könnte dann 8m (n=3) oder gar 6m (n=4) hell werden (CBET 4713). Anfang März sollte er die 16. Größenklasse überschreiten. Von Mitteleuropa aus kann er bis um den 25. Mai am Abendhimmel beobachtet werden, wobei er zwischen März und Ende Mai durch die Sternbilder Großer Bär, Giraffe und Perseus wandert. Allerdings handelt es sich um einen ziemlich kleinen Körper, dessen absolute Helligkeit 2-3m unterhalb des Bortle-Limits liegt, so dass es extrem wahrscheinlich ist, dass sich dieser Komet noch deutlich vor der Perihelpassage auflösen wird. Maik Meyer, Limburg, bemerkte eine große Ähnlichkeit der Bahn des Kometen mit dem Großen Kometen C/1844 Y1 = 1844 III, wobei C/2019 Y4 allerdings eine deutlich geringere absolute Helligkeit aufweist. Somit kann der Komet C/2019 Y4 als großes Fragment dieses historischen Kometen betrachtet werden.
Der Komet zeigte eine sehr interessante Entwicklung, die ihn zum interessantesten Kometen des Frühjahrs 2020 machte, für Fragmente eines Kometen aber nicht untypisch ist. Nach einem rasanten Helligkeitsanstieg in den ersten Wochen kam es zur Fragmentation, die sich ab dem 18. März (73 Tage vor dem Perihel) in der Helligkeitsentwicklung abbildete. In den folgenden 36 Tagen (bis zum 23. April) brach die Helligkeit erwartungsgemäß ein. Allerdings weit weniger als erwartet. Da zumindest zwei größere Bruchstücke die Fragmentation überlebten und durch die zunehmende Sonneneinstrahlung nochmals kurzfristig Gas und Staub freisetzten, wies der Komet bis zur letzten Beobachtung (am 16. Mai) eine konstante heliozentrische Helligkeit auf, was sogar zu einem kleinen Anstieg der scheinbaren Helligkeit führte. Die maximale Helligkeit von 8.0m wurde am 18. März erreicht, blieb aber in den folgenden 10 Tagen nahezu konstant. Bis zum 23. April war die Helligkeit auf 9.3m zurückgegangen, um dann bis zum 16. Mai nochmals leicht auf 9.0m anzusteigen. Die entsprechenden Formeln basieren auf 498 Beobachtungen von 58 Beobachtern:
t < -73d: m = -4.5m + 5×log D + 52.5×log r -73d < t < -37d: m = 9.6m + 5×log D – 7.5×log r t > -37d: m = 9.5m + 5×log DDie Entwicklung des Komadurchmessers und des Schweifs kann nur mit Unsicherheiten dargestellt werden, da die Koma nach der teilweisen Auflösung das Objekt sehr länglich wurde und daher nicht sicher ist, ob die publizierten Werte die kleine Achse (wie es korrekt wäre) oder einen Mittelwert von kleiner und großer Achse darstellen, oder ob die Beobachter gar Teile der Koma als Schweif interpretierten. Gemäß den Schätzungen stieg der Komadurchmesser von Mitte Februar bis zum 10. März rasch von 1' (50.000 km) auf 6' (225.000 km) an, um danach – wohl infolge der großen Fragmentation - regelrecht zu explodieren und am 18. März den Maximalwert von 14' (675.000 km) zu erreichen. Diesen Wert wies die Koma 10 Tage lang konstant auf, um dann bis Anfang April auf 8' (350.000 km) und bis Mitte Mai auf knapp 3' (90.000 km) zu schrumpfen.
Helligkeit und scheinbarer Komadurchmesser
Die Koma war ganz überwiegend nur gering verdichtet. Bis zum 18. März lag der Kondensationsgrad konstant bei DC 3, um dann kurzfristig auf DC 4 anzusteigen. Zwischen Anfang April und Anfang Mai sank der Kondensationsgrad von DC 4 auf DC 1. Um den 10. Mai wurde er nochmals auf DC 2-3 geschätzt, um dann bis Mitte Mai auf DC 1 abzufallen.
Ein Schweif wurde zwischen Anfang April und Mitte Mai beobachtet, der um den 10. Mai eine maximale Länge von 15' (550.000 km) erreichte, und dessen Orientierung von ESE auf NE drehte. Allerdings ist auch hier unklar, ob die Beobachtungen tatsächlich den Schweif oder die elliptische Koma betreffen.
Um den 31. März konnten ziemlich abrupt deutliche nicht-gravitative Parameter festgestellt werden, was häufig ein Indiz für eine Fragmentation ist. Photometrische Beobachtungen von C. Hergenrother ergaben in allen Spektralbereichen einen signifikanten Helligkeitsrückgang in der inneren Koma (CBET 4744). Ab dem 7. April wurde fotografisch eine Fragmentation bestätigt, und bis Mitte April insgesamt 5 Fragmente festgestellt. Während vier Fragmente ziemlich linear angeordnet waren, zeigte das westlichste Fragment A eine deutliche Abweichung nach Norden. Aufnahmen des HST vom 20. und 23. April zeigten zwei helle Hauptfragmente (A und B, wobei nicht entschieden werden kann, welches die eigentliche Hauptkomponente darstellt) und zahlreiche kleinere bis kleinste Fragmente, wobei letztere ihr Erscheinungsbild in den drei Tagen drastisch änderten bzw. diese am 23. April nicht mehr nachweisbar waren. Z. Sekanina hält das folgendes Szenario für das wahrscheinlichste: Da die große Zahl festgestellter Fragmente nicht linear angeordnet ist, sondern die beiden hellsten Komponenten gleichmäßig umgibt, dürfte die Fragmentation des Kometen schon lange vor seinem jetzigen Periheldurchgang erfolgt sein. Das Zerbrechen in die Fragmente A und B erfolgte wohl in der ersten Märzhälfte, in Übereinstimmung mit dem Zeitpunkt des Helligkeitsbruchs gemäß meiner Auswertung. Ende März/Anfang April zerbrach B weiter, was durch einen Anstieg der Staubrate gestützt wird. Das daraus entstandene Fragment C wies eine deutlich größere Relativbewegung auf und dürfte möglicherweise eine Ansammlung von Fragmenten sein (CBET 4751/63).
Für Andreas Kammerer war der Komet am 13.3. im 9x63B nahe der Sichtbarkeitsgrenze; im 8"SC, 77x zeigte sich eine sehr diffuse Koma recht geringer Flächenhelligkeit mit nahezu stellarer zentraler Verdichtung, in der bei 161x ein stellarer, 13.0m heller false nucleus erkennbar war. Gerhard Scheerle schätzte die Helligkeit des false nucleus am 16.3. im 9,25"-SC, 294x auf 14.6m. Am 22.3. beobachtete Andreas Kammerer im 9x63B einen recht schwachen, verdichteten Nebelfleck nahe rho UMa; im 8"SC, 50x zeigte sich eine ziemlich diffuse Koma mit einer winzigen zentralen Verdichtung, in der bei 161x ein stellarer, 13.0m heller false nucleus erkennbar war. Gerhard Scheerle schätzte die Helligkeit des false nucleus im 9,25"-SC, 181x auf 14.2m. Am 30.3. präsentierte sich der Komet Andreas Kammerer im 9x63B als recht schwieriges, mäßig verdichtetes Objekt; im 8"SC, 50x zeigte sich immer noch eine ziemlich diffuse Koma mit kleiner zentraler Verdichtung, in der bei 161x ein stellarer, 12.0m heller false nucleus erkennbar war.
Gerhard Scheerle schätzte die Helligkeit des false nucleus am 4.4. im 9,25"-SC, 181x auf 13.0m. Am 10.4. konnte Andreas Kammerer den Kometen im 9x63B nicht ausmachen; im 8"SC, 50x zeigte sich eine Koma, die leicht elliptisch zu sein schien (E-W) und diffuser als am 30.3. war; bei 161x war ein recht schwacher zentraler, deutlich länglicher Bereich (E-W), aber kein false nucleus erkennbar. Gerhard Scheerle schätzte die Helligkeit des false nucleus am 11.4. im 9,25"-SC, 181x auf 14.6m. Andreas Kammerer konnte den Kometen im 9x63B nicht ausmachen; im 8"SC, 50x war ein 1.5x6' großer (große Achse: PW=85-265°) matter Lichtstreifen mit einem leicht helleren Bereich von 1.5' Durchmesser an der westlichen Spitze erkennbar; bei 161x zeigte sich ein strichförmiger, leicht hellerer Bereich von der Westspitze in östliche Richtung. Am 14.4. beobachtete er im 8"SC, 50x eine deutlichere (höhere Flächenhelligkeit) und weniger elliptische (3.5x7', große Achse: PW=85-265°) Koma als drei Nächte zuvor, sowie einen leicht helleren Bereich von etwa 3' Durchmesser im westlichen Teil; bei 161x zeigte sich ein leicht hellerer, ca. 2' langer Lichtstreifen nahe der westlichen Spitze in östlicher Richtung. Gerhard Scheerle schätzte die Helligkeit des false nucleus am 15.4. im 9,25"-SC, 181x auf 14.8m. Am 20.4. beobachtete Andreas Kammerer im 8"SC, 50x eine matte, sehr längliche (2.5x8', große Achse: PW=75°-255°) Aufhellung mit einem leicht helleren, 2.5' großen Bereich nahe der Westspitze; die Flächenhelligkeit war geringer als bei der letzten Beobachtung; bei 111x konnte er keinen stellaren false nucleus ausmachen. Am 22.4. beobachtete er im 8"SC, 50x eine matte, sehr längliche (2.7x9', große Achse: PW=85°-265°) Aufhellung mit einem leicht helleren, 2.7' großen Bereich nahe der Westspitze; bei 161x konnte er keinen stellaren false nucleus ausmachen. Gerhard Scheerle schätzte die Helligkeit des false nucleus in der gleichen Nacht im 9,25"-SC, 181x auf 15.0m; zudem konnte er blickweise in der Mitte der Koma einen feinen Nebelstreifen ausmachen. Am 25.4. konnte Gerhard Scheerle den false nucleus nicht mehr ausmachen; blickweise zeigte sich in der Mitte der Koma ein 2,5' langer feiner Nebelstreifen. Andreas Kammerer beobachtete im 8"SC, 50x eine sehr matte, sehr längliche Aufhellung (3.5x11', große Achse: PW=85°-265°), die im Westteil ein wenig heller erschien; bei 161x konnte er keinen stellaren false nucleus erkennen.
Andreas Kammerer