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Kometen-Auswertungen


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C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS)


Das "Asteroid Terrestrial-Impact Last Alert System" (ATLAS) -Team entdeckte am 22. Februar 2023 ein asteroidales Objekt der 18. Größenklasse im Grenzbereich der Sternbilder Schlange/Waage/Jungfrau. Daraufhin identifizierten Mitarbeiter des Minor Planet Centers drei Positionen eines als verloren angenommenen Objekts vom 9. Januar 2023, welche vom chinesischen Purple Mountain Observatory übermittelt worden waren, mit dem asteroidalen Objekt. Da Kometen, die von diesem Observatorium entdeckt werden, von den chinesischen Astronomen mit Tsuchinshan bezeichnet werden, erhielt dieser Komet die Bezeichnung C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS). Weitere Beobachtungen des Kometen zeigten in den letzten Februartagen eine hochverdichtete, 6" große Koma der Gesamthelligkeit 18.0m, aber keinen Schweif. Der Komet wird im Herbst 2024 sowohl der Sonne als auch der Erde recht nahe kommen. Er stand Ende Februar 2023 in der großen Sonnendistanz von 7.3 AE. Somit handelt es sich um einen sehr interessanten Kometen, dessen Aktivitätsgrad aktuell aber sehr unsicher ist. Nachfolgend wird ein neuer Komet angenommen, dessen Helligkeit mit n=3 zunimmt. Der Komet wird die Sonne am 28. September 2024 in der Distanz von 0.39 AE passieren und könnte dann die 3. Größenklasse erreichen (CBET 5228). Danach wird er die Erde am 13. Oktober im Abstand von 0.47 AE passieren, wobei er sich zu diesem Zeitpunkt ziemlich genau zwischen Sonne und Erde befinden und sich damit am Himmel nahe der Sonne aufhalten wird. Heller als 16m sollte der Komet zwischen November 2023 und September 2025 sein. In diesem Zeitraum bewegt er sich durch die Sternbilder Waage, Jungfrau, Löwe, Sextant, Löwe/Becher (Perihel), Jungfrau (Erdnähe), Schlange (Kopf), Schlangenträger, Schlange (Schwanz), Adler, Delphin, Füchschen, Leier und Herkules. Von mitteleuropäischen Standorten aus ergibt sich ein erstes Beobachtungsfenster von Anfang Dezember 2023 (15-16m, Morgenhimmel) bis Mitte Juni 2024 (11m, Abendhimmel). Das zweite, sehr ungünstige Beobachtungsfenster dauert etwa vom 25. September bis zum 5. Oktober 2024 (ca. 3-4m). Dabei kann der Komet aber nur extrem tief über dem morgendlichen Osthorizont in der Dämmerung gesichtet werden. Das dritte Beobachtungsfenster ist das interessanteste. Der Komet wird am 12. Oktober (3-4m) über dem westlichen Abendhorizont auftauchen und bis Anfang November Horizonthöhen nahe 40° erreichen, wobei die Helligkeit in diesen zwei Wochen bis auf 6-7m zurückgehen dürfte. Gemäß meinen empirischen Formeln dürfte er in den Tagen der größten Erdnähe einen Komadurchmesser von 20' aufweisen und einen bis zu 5° langen, wohl eher schwachen Schweif zeigen, der daher visuell schwierig zu beobachten sein dürfte. Mitte Januar (11-12m) verschwindet der Komet dann wieder über dem westlichen Abendhimmelhorizont. Genau zu dieser Zeit erscheint er am Morgenhimmel und erreicht schließlich im Juni (14-15m) maximale Horizonthöhen von 70°, um dann an den Nacht- und schließlich an den Abendhimmel zu wechseln, wo er schwächer als 16m werden dürfte. Insgesamt ein interessantes, aber wohl kein spektakuläres Objekt.

Der Komet entwickelte sich bis Ende April 2024 sehr positiv und wird seit dem Frühjahr intensiv beobachtet. Kein Wunder, ist er mit einer aktuellen Helligkeit von fast 10.0m und einer sehr kleinen flächenhellen Koma selbst für mittlere Instrumente bereits gut zu erkennen. Die spannendste Frage ist natürlich die nach der maximalen Helligkeit. Und genau diese Frage ist aktuell schwierig zu beantworten. Auf der Basis von 384 Beobachtungen von 64 Beobachtern (bis Mitte Mai 2024) zeigte der Komet bis in die letzte Aprilwoche hinein eine sehr stetige Entwicklung, die sehr gut mit der Formel

m = 4.7m + 5×log D + 9.9×log r

beschrieben werden konnte. Sollte der Komet dieser Entwicklung bis zum Perihel folgen, so würde er eine Maximalhelligkeit von 0.0 ± 0.2m um den 5. Oktober 2024 erreichen!

Allerdings verharrte die scheinbare Helligkeit in der ersten Maihälfte bei 10.0-10.5m. Die Ursache für diese signifikante Abweichung von der bisherigen stetigen Entwicklung könnte temporärer Natur sein, wie z.B. beim Kometen Hale-Bopp im Spätsommer 1996. In diesem Fall könnte der Komet nach einer gewissen Zeit die Aktivität wieder wie bisher aufnehmen, doch wäre die absolute Helligkeit dann eine geringere, d.h. der Komet würde im Maximum (etwas) schwächer sein. Die Ursache könnte allerdings auch ein Bruch in der Helligkeitsentwicklung sein. In diesem Fall würde der Komet in der Folge eine signifikant geringere Aktivität aufweisen und die Maximalhelligkeit könnte deutlich schwächer ausfallen (wie z.B. beim Kometen Austin 1990). In den kommenden etwa vier Wochen sollte die tatsächliche Ursache festgelegt werden können.

Helligkeit und scheinbarer Komadurchmesser

Bis Ende 2023 blieb der scheinbare Komadurchmesser unter 0.5' (etwa 100.000 km), danach aber vergrößerte er sich und erreichte Mitte Mai 2024 einen Durchmesser von 2.2' (180.000 km). Der Kondensationsgrad wurde im Frühjahr/Sommer 2023 auf DC 8 geschätzt, liegt aber seit Ende 2023 konstant bei DC 6. Dabei wies die Koma im Frühjahr 2024 einen dominierenden false nucleus auf.

Erste Schweifsichtungen wurden im Sommer 2023 gemeldet. Seit Ende 2023 wird durchgehend ein Staubschweif beobachtet, der eine überraschend hohe Flächenhelligkeit aufweist und zumindest seit der zweiten Aprilhälfte visuell einfach zu erkennen ist. Mitte Mai erreichte er eine Länge von knapp 10' (3.5 Mill. km). Der Schweif war im Sommer 2023 nach Osten gerichtet, Ende 2023 nach NNW. Zwischen dem 29. März und dem 8. April drehte er rasch auf NO und bis Mitte Mai langsamer weiter auf OSO.

Am Abend des 10.4.24 beobachtete Andreas Kammerer den Kometen im 39.7-L, 62x als überraschend einfaches Objekt mit einer sehr kleinen, sehr stark verdichteten Koma hoher Flächenhelligkeit; bis 181x konnte er keinen false nucleus ausmachen. Gerhard Scheerle beobachtete am 30.4. im 23.5-SC, 112x eine sehr kompakte Koma und schätzte die Helligkeit des false nucleus bei 181x auf 12.6m. Am 1.5. schätzte er die Helligkeit des false nucleus bei 181x auf 13.0m.

Andreas Kammerer

FG-Beobachtungen


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