Auswertungen abgeschlossener Kometensichtbarkeiten

55P/Tempel-Tuttle

1998


Vom Projektkometen 55P/Tempel-Tuttle gingen bis Anfang Mai 66 Beobachtungen von 12 FG-Beobachtern ein.Für die nachfolgende Auswertung wurden zudem 170 internationale Beobachtungen hinzugenommen.Insgesamt konnte Komet Tempel-Tuttle während seiner größten Erdnähe besser gesehen werden als erwartet, ein möglichst dunkler Himmel half allerdings sehr bei der Beobachtung.

Die Helligkeitsentwicklung verlief sehr steil und während der gesamten Sichtbarkeit bemerkenswert kontinuierlich. Die Helligkeitsformel lautet:

m = 8.3m + 5×log D + 24.7×log r

Heliozentrische Helligkeit vor dem Perihel

Dies ergibt eine maximale Helligkeit (Erdnähe) von 7.8m. Während vor der Erdpassage der hohe Aktivitätsfaktor und die rasch abnehmende Erddistanz in einer rapiden Helligkeitszunahme resultierten, führte der hohe Aktivitätsparameter danach zu einem nur langsamen Rückgang. Bei Sichtbarkeitsende lag die Helligkeit bei 9.0m.

Der scheinbare Komadurchmesser zeigte hingegen einen fast spiegelbildlichen Verlauf vor und nach der Erdpassage, mit einem maximalen Wert von 15'. Zeigte sich die Koma anfangs extrem diffus (DC 0-1), so wurde sie im weiteren Verlauf zunehmend konzentrierter. Bereits bei der Erdpassage wurde DC 3 geschätzt und während des Februar wurde die Koma zwar immer kleiner (am Ende der Sichtbarkeit lag der Durchmesser bei ca. 3'), dafür aber stetig konzentrierter (bis DC 5). Dabei wies der Komet eine auffällige innere Koma auf, die zumindest ab Februar - einen 13-14m schwachen false nucleus enthielt. Der absolute Komadurchmesser stieg aufgrund der hohen Aktivität praktisch bis zum Perihel hin an, von anfangs 100.000 km auf 250.000 km. Erst in den letzten 10 Tagen der Sichtbarkeit scheint er zurückgegangen zu sein.

Visuelle Schweifsichtungen waren extrem selten und auch fotografisch zeigte sich nur ein schwacher, kurzer Gasschweif.

Helligkeisverlauf und Komadurchmesser

Für Wolfgang Kriebel ist die Koma am 9./10.1. sehr diffus und schlecht begrenzt; Helligkeit und Komadurchmesser sind daher unsicher. Francois van Loo meldet für die gleiche Nacht einen ca. 13.0m schwachen false nucleus. Auch am 17./18.1. ist die Koma für Wolfgang Kriebel diffus und schlecht begrenzt, so daß Helligkeit und Komadurchmesser schwer zu bestimmen und daher unsicher sind. Am 24./25.1. kann Volker Kasten den Kometen jeweils nur kurz durch Wolkenlücken hindurch erspähen. Daniel Köhn berichtet am 25./26.1. von einer leicht elliptischen Koma. Im 25cm-Reflektor bei V=75x schätzt Heinz Kerner die Koma auf 4.9', DC 5. Francois van Loo beobachtet am 27./28.1. eine schwache zentrale Kondensation. Walter Kutschera erkennt in der selben Nacht eine leicht elongierte Koma und einen jetartigen, ca. 0.7' breiten und 1.3' langen Schweifansatz. Andreas Kammerer kann am 30./31.1. im 8" SC, 166x keinen false nucleus feststellen; den Kondensationsgrad schätzt er auf DC 5. Schließlich gelingt Volker Kasten am Abend des 31.1. die erste Beobachtung unter guten Sichtbedingungen: der Komet ist im 14x100B ein leichtes Objekt, das zwar viel kleiner als die nahe Galaxie M33 ist, aber die gleiche Flächenhelligkeit wie die Zentralteile von M 33 aufweist. Im Vergleich mit 103P/Hartley 2 war Tempel-Tuttle merklich größer und wohl auch etwas flächenheller. Für Francois van Loo zeigt sich die zentrale Kondensation auffälliger.

Am Abend des 14.2. zeigt sich nach Aussagen von Walter Kutschera die Koma deutlich kleiner, wobei die innere Koma aber heller geworden ist und einen Pseudokern aufweist. Für Volker Kasten schien bei V=113x blickweise ein kleines Helligkeitszentrum am WSW-Rand der Koma zu sitzen; der Komet wirkte besser kondensiert als bisher. Andreas Kammerer berichtet von einer stark zur Mitte hin konzentrierten inneren und einer sehr diffusen äußeren Koma. Am Abend des 18.2. ist der Komet nach seinen Aussagen ein deutlich kondensiertes Objekt mit einem ca. 13.5m schwachen false nucleus. Maik Meyer kann die Koma am 20.2. mit einem Lumicon Swan-Band-Filter größer ausmachen. Schließlich meldet Andreas Kammerer für den 26.2. ein deutlich diffuseres Objekt.

Aufnahmen eines internationalen Beobachterteams (u.a. vom MPI für Aeronomie, Bureau des Longitude) vom Kometen 55P/Tempel-Tuttle zeigten im letzten Januardrittel einen rotierenden Jet, anhand dessen sie die Rotationsperiode des Kerns auf etwa 15 Stunden schätzten (IAUC 6816). Spektralbeobachtungen vom 24.1. zeigten eine Farbtemperatur von 300 K (15% über der Schwarzkörpertemperatur in diesem Sonnenabstand), sowie Indizien für silikatisches Material (IAUC 6821). Letzteres wurde durch eine Beobachtung mit dem 5m-Spiegel auf dem Mt. Palomar vom 14.1. bestätigt; die beobachtete Emission, zusammen mit der gemessenen Farbtemperatur von 320 K für den Kern, deutet auf einen Kerndurchmesser von 2 km (IAUC 6824).

Andreas Kammerer

FG-Beobachtungen


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