Ein am 8. Dezember 2012 vom LINEAR-Projekt in der NW-Ecke des Sternbilds Löwe entdecktes, 19.5m helles asteroidales Objekt zeigte bei weiteren Beobachtungen seine kometare Natur. Komet C/2012 X1 (LINEAR) wies eine 13" große Koma der Gesamthelligkeit 18.5m und einen breiten, 11" langen Schweif in Richtung PW=310° auf. Der Komet wird das Perihel seiner Bahn mit einer Umlaufszeit von etwa 2.000 Jahren erst im Februar 2014 passieren und könnte dann 11-12m hell werden (CBET 3340 / MPEC 2013-C52). Heller als 16m wäre er von Sommer 2013 bis Herbst 2014. Von Mitteleuropa aus kann er von Oktober 2013 bis April 2014 am Morgenhimmel verfolgt werden (maximale Höhen von 35°). Dabei läuft er vom Sternbild Haar der Berenice bis in den Wassermann.
Vor seiner Konjunktion mit der Sonne entwickelte sich der Komet wie prognostiziert. Als er aber Mitte Oktober 2013 wieder am Morgenhimmel erschien, bot er den Beobachtern eine große Überraschung. Anstatt der prognostizierten Helligkeit von 14.0m präsentierte er sich am 20. Oktober als 8.2m helles Objekt mit einer 5' großen äußeren und einer scheibenförmigen, 1.6' großen inneren Koma, die einen 10" großen helleren Zentralbereich aufwies. Damit ähnelte die Morphologie sehr stark derjenigen des Kometen 17P/Holmes nach seinem großen Staubausbruch im Herbst 2007 (CBET 3675). Gestützt wurde diese Ähnlichkeit durch die Beobachtung einer insgesamt expandierenden Koma und eines abnehmenden Kondensationsgrades.
Nach dem Staubausbruch war allgemein erwartet worden, dass der Komet wieder langsam zu seinem Ausgangszustand zurückkehren und im Perihel nicht heller als 11-12m sein würde. Doch die Entwicklung verlief deutlich anders und scheint darauf hinzudeuten, dass mit dem Ausbruch ein größeres Gebiet aktiviert wurde. Basierend auf 22 Beobachtungen von 8 FGK-Beobachtern sowie 400 internationalen Beobachtungen zeigt sich, dass der Komet während des Ausbruchs eine maximale Helligkeit von 7.8m am 6.11.13 erreichte. Danach ging die Helligkeit erwartungsgemäß zurück, allerdings nur bis zum 28. November, als er 9.6m hell war. Im weiteren Verlauf stieg die Helligkeit wieder langsam aber sehr stetig an und erreichte Anfang März 2014 ein zweites Maximum von 8.2m. Bis Mitte Juni ging die Helligkeit lediglich auf 9.0m zurück, was damit zusammenhängt, dass zwar die Sonnendistanz nach dem Perihel (22. Februar 2014) wieder zu-, die Entfernung zur Erde aber bis Ende Juni von 2.0 AE auf 1.6 AE weiter abnahm. Ende Oktober lag die Helligkeit nach Beobachtungen von der Südhalbkugel bei 12.5m. Die gesamte Helligkeitsentwicklung nach dem 28.11.13 kann sehr gut mit der folgenden Formel dargestellt werden:
t > -85d: m = 4.6m + 5×log D + 10.2×log rDer Komadurchmesser nahm bis zum 8. November streng linear bis auf 13.5' (1.6 Mill. km) zu, was auf den Ausbruchstermin 18. Oktober hinweist und einem Durchmesseranstieg von 75.000 km/Tag bzw. von 0.85 km/s entspricht. Gleich darauf nahm der Komadurchmesser ähnlich rasch wieder bis auf 4.5' (500.000 km) ab. Mit der Ausdehnung der Staubwolke ging deren Verdünnung einher, so dass ab dem 8. November zunehmend größere Teile der Staubwolke mit dem Hintergrund (der zudem aufgrund der geringen Horizonthöhe nicht optimal war) verschmolzen.
Helligkeit und scheinbarer Komadurchmesser
Die durch den Ausbruch angeregte kontinuierliche Kernaktivität erzeugte parallel hierzu die eigentliche Koma, die nach dem 8. November zunehmend dominierte. Diese wies über längere Zeit hinweg einen scheinbaren Durchmesser von 4.5' auf, der aber zwischen Mitte März und Ende April bis auf knapp 7' anstieg. Bis Anfang Juni nahm er dann wieder auf 5', bis Mitte Oktober auf knapp 2' ab. Absolut betrachtet schrumpfte die Koma zwischen Ende November und Anfang März von 500.000 km auf 450.000 km, nahm aber zwischen Mitte März und Ende April wieder auf 550.000 km zu, um Anfang Juni nur noch 375.000 km und Mitte Oktober nur noch 225.000 km zu messen. Während des Ausbruchs fiel der Koma-Kondensationsgrad von DC 4 auf DC 1-2 ab, stieg jedoch kurz danach wieder auf DC 4 an. Ab Mitte Februar zeigte die Koma dann für längere Zeit einen konstanten Verdichtungsgrad von DC 4-5, der aber Mitte Oktober auf DC 2-3 zurückgegangen war. Visuell wurde ein Schweif zwischen Mitte Dezember und Ende Mai beobachtet, dessen Länge ziemlich konstant mit 9' angegeben wurde (absolut: Rückgang von 2.5 Mill. Km auf 1.5 Mill. km) und dessen Orientierung sich von NW auf WSW änderte.
Am Morgen des 24.10. beobachtete Heinz Kerner den Kometen in einer Horizonthöhe von lediglich 6°. Bei der Beobachtung von Uwe Pilz am 29.10. betrug seine Höhe 5°; trotz sehr guter Rückseitenwetterlage war die Sichtung schwierig. Andreas Kammerer beobachtete am 31.10. im 12"SC eine extrem diffuse Koma, die vor dem aufgehellten Hintergrund schwierig, aber dennoch sicher auszumachen war; bei 242x konnte er eine winzige zentrale Verdichtung, aber keinen false nucleus feststellen. Der von Volker Kasten am 30.12.13 und 3.1.14 bestimmte DC-Wert ist unsicher. Am Morgen des 12.1.14 stand der Komet bei der Beobachtung von Volker Kasten nur 1' von einem 9.9m hellen Stern entfernt; die angegebene Helligkeit enthält dessen Einfluss nicht mehr; der DC-Wert war für ihn nicht bestimmbar. Am 10.2. erschien ihm der Komet ähnlich C/2013 R1, aber nicht ganz so gut kondensiert. Am 10.3. war der Komet für Andreas Kammerer trotz Dämmerung (h_Sonne=–14°) und mäßiger Höhe ein einfaches Objekt im 8"SC mit einer ziemlich diffusen äußeren Koma (deren äußere Teile im Hintergrund untergingen) und einer deutlich verdichteten inneren Koma. Volker Kasten konnte am 12.3. blickweise einen sternförmigen false nucleus ausmachen; dabei war der Komet viel auffälliger als Lovejoy. Am 13.3. beobachtete Andreas Kammerer den Kometen unter leicht dunstigen Bedingungen: er zeigte sich mit einer diffusen äußeren und einer merklich verdichteten inneren Koma, in der er aber keinen false nucleus ausmachen konnte.
Andreas Kammerer