Am 23. März 2012 wurde vom Mt.Lemmon-Projekt im Kopf des Löwen ein scheinbar asteroidales Objekt der 21. Größenklasse entdeckt. Detaillierte Beobachtungen in den Folgetagen zeigten dann aber seine kometare Natur. Komet C/2012 F6 (Lemmon) wies eine 10" große Koma der Gesamthelligkeit 20.0m auf, welche in Richtung PW=110° elongiert war (CBET 3070 / MPEC 2012-G45). Der Komet wird sein Perihel erst im Frühjahr 2013 passieren und sollte dann 9.5m hell werden; allerdings wird er zu dieser Zeit tief am Südhimmel stehen. Von Mitteleuropa aus wird er nur als maximal 13m helles Objekt über dem Abend- bzw. Morgenhorizont sichtbar sein.
Der Komet entwickelte sich in den Wintermonaten 2012/13 völlig überraschend, wie die Schätzungen der Südhalbkugel-Beobachter ausweisen. Zwischen dem 20. November 2012 und der ersten Februarwoche 2013 steigerte er seine Helligkeit stetig von 12.0m auf 5.5m! Auf dieser Basis prognostizierte ich eine Maximalhelligkeit von 3.8m am 20. März 2013, was leider wiederum nur von der Südhalbkugel aus beobachtbar sein würde (allerdings sehr horizontnah).
Tatsächlich erreichte der Komet am 18. März 2013 eine maximale Helligkeit von 4.4m - und war damit 5 Größenklassen heller, als ursprünglich erwartet! Auch nach dem Perihel zeigte er weiter eine positive Entwicklung, die sich allerdings komplexer als vor dem Perihel darstellt. Bis zum 8. Mai wies er einen durchschnittlichen Aktivitätsrückgang auf, danach einen zweiwöchigen Stillstand, dem ein leicht überdurchschnittlicher Helligkeitsrückgang ab etwa dem 23. Mai folgte. Ab der zweiten Maiwoche 2013 konnte der Komet auch von den FGK-Beobachtern verfolgt werden, und zeigte sich zu diesem Zeitpunkt knapp 7.0m hell. Auf der Basis von 23 Beobachtungen von 7 FGK-Beobachtern sowie 380 internationalen Beobachtungen kann die Helligkeitsentwicklung mit den folgenden Formeln beschrieben werden:
vor dem Perihel: m = 5.2m + 5×log D + 11.5×log rnach dem Perihel: t < +45d: m = 5.1m + 5×log D + 9.7×log r +45d < t < +60d: m = 5.6m + 5×log D t > +60d: m = 4.3m + 5×log D + 11.0×log r
Damit dürfte wohl einerseits die Entdeckungshelligkeit unterschätzt worden sein (allerdings nicht um 5 Größenklassen!), andererseits der Komet im Spätsommer oder Herbst 2012 erst richtig aktiv geworden sein.
Helligkeit und scheinbarer Komadurchmesser
Vor dem Perihel nahm der scheinbare Komadurchmesser von knapp 2' stetig bis auf knapp 12' Ende Januar 2013 zu. Bis Mitte Februar war er auf knapp 10' zurückgegangen, wobei dieser Wert bis zum Verschwinden in der Dämmerung konstant blieb. Beim Wiederauftauchen Mitte April wurde der Komadurchmesser auf 8' geschätzt, ging aber im weiteren Verlauf langsam zurück und maß Anfang Juni 6', Anfang September 3.5' und Anfang November 1.0'. Absolut betrachtet dehnte sich die Koma von 225.000 km Ende November 2012 stetig bis auf 550.000 km Mitte Januar 2013 aus. Nach dem Perihel maß die Koma bis Mitte Juni konstant 600.000 km. Danach schrumpfte sie bis Anfang September auf 375.000 km und bis Anfang November auf 160.000 km. Bis zum Jahresbeginn 2013 lag der Koma-Kondensationsgrad konstant bei DC 4-5. Danach verdichtete sich die Koma bis Ende Februar auf DC 6-7, wobei dieser Wert bis zum Verschwinden beibehalten wurde. Nach dem Perihel wurde die Koma bis Ende Juli langsam diffuser; der Koma-Kondensationsgrad ging bis auf DC 3-4 zurück, wo er im Folgenden verharrte. Ein Schweif konnte visuell ab Mitte Januar beobachtet werden. Bis Mitte März vergrößerte sich seine Länge auf 2.5° (10 Mill. km). Nach dem Perihel wurde eine maximale Länge von 0.7° gemeldet; letzte visuelle Schweifsichtungen gelangen Ende August. Vor dem Perihel drehte der Schweif von NW nach SSE, während er nach dem Perihel von W auf SE drehte.
Am Morgen des 19.5.13 zeigte der Komet nach Beobachtungen von Walter Kutschera eine helle runde Koma mit einem auffälligen breiten zentralen Bereich, der grünlich wirkte; ein strahlenförmiger Schweifansatz war erkennbar. Gemäß seinen Beobachtungen zeigte der Komet in der Nacht 4./5.6. eine ausgedehnte, grau-blaue Koma mit Faserstrukturen; nahe des Zentrums befanden sich kurze Enveloppen. Dieter Schubert beobachtete am 16./17.6. eine runde, recht gut kondensierte Koma mit scheibchenförmiger zentraler Kondensation, sowie einen äußerst schwachen diffusen einige Bogenminuten langen Schweif. Am 5./6.7. stellte Walter Kutschera eine deutlich kondensierte Koma mit prägnantem Zentrum fest; auch im 80mm-Refraktor war ein Schweifansatz deutlich erkennbar. Laut Uwe Pilz zeigte der Einsatz eines Swan-Band-Filters am 6./7.7. eine deutliche Kontrastverstärkung; das Dispersionsgitter zeigte nur das C2-Bild, aber kein Kontinuum. Heinz Kerner stellte am 28./29.8. einen Schweifansatz in PW=145° fest. Walter Kutschera schätzte den Kometen am Abend des 29.10. mit seinem 54cm-Reflektor plus WATEC-Kamera auf 13.9m mit einer 0.8' großen, mäßig verdichteten (DC 3) Koma, die eine zentrale Verdichtung aufwies. Uwe Pilz beobachtete am 30.10. ein schwaches Objekt.
Mit Hilfe hochaufgelöster Infrarotspektren am VLT gelang am 2.-4. Februar (r = 1.20 AE) der Nachweis der folgenden Muttermoleküle (Produktionsraten in Moleküle/s): H_2O: 1.9×10^29, C_2H_6: 5×10^26, CH_3OH: 3.6×10^27, HCN: 0.2×10^27, NH_2: 0.6×10^27 (IAUC 9255). Schmalband-Photometrie mit dem 0.6m-TRAPPIST-Teleskop auf La Silla ergaben am 3. März (r = 0.84 AE) folgende Gasproduktionsraten (Moleküle/s): OH: 2.3×10^29, NH: 1.1×10^27, CN: 9.1×10^26, C_2: 1.6×10^27, C_3: 3.2×10^26, Staub: 6.380 cm. Die Produktionsraten stiegen in den vorangegangenen Wochen stark an; so hat sich die CN-Produktion seit Mitte Februar verdreifacht, seit Mitte Januar verfünffacht (CBET 3433). Mit der NASA Infrared Telescope Facility (IRTF) gelangen am 31. März, 1. April und 7. April Infrarotbeobachtungen des Kometen. Es zeigten sich Emissionslinien von Silikat, wobei die Kontinuumsstrahlung auf eine Oberflächentemperatur von 352 K hinweist. Am 31.3. bzw. 1.4. (r = 0.75 AE) wurden folgende Muttermoleküle mit den nachfolgenden Produktionsraten (Moleküle/s) festgestellt: H_2O: 7.3×10^29, CO: 2.5×10^28, C_2H_6: 2.0×10^27, CH_3OH: 6.8×10^27, CH_4: 3.1×10^27, H_2CO: 2.5×10^27 (IAUC 9256/57). Schmalband-Photometrie mit dem 0.6m-TRAPPIST-Teleskop der ESO erbrachten am 15. Mai (r = 1.21 AE) folgende Produktionsraten: OH: 1.0×10^29, NH: 1.6×10^27, CN: 4.0×10^26, C_3: 1.3×10^26, C_2: 6.3×10^26, Staub: 3.200 cm (CBET 3530).
Andreas Kammerer