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168P/Hergenrother

2012


Eine überraschende Entwicklung zeigte der Komet 168P/Hergenrother (P=6.89a) im Herbst 2012. Die Prognosen gingen davon aus, dass er nicht heller als 15m werden würde. Am 6. September fanden Beobachter den Kometen aber bereits 13m hell, und die Helligkeit stieg von Tag zu Tag um mehr als 0.1m an. Schließlich erreichte der Komet am 7. Oktober (6 Tage nach dem Perihel) eine maximale Helligkeit von 9.3m. Danach sank die Helligkeit wieder ab, allerdings erfolgte der Abstieg deutlich langsamer als der Anstieg. Die gesamte Entwicklung kann mit den folgenden Formeln sehr gut dargestellt werden:

t < +6d: m = 12.0m + 5×log D - 0.13×|t-T|
t > +6d: m = 11.3m + 5×log D + 0.009×|t-T|

Allerdings wurden mir nach dem 5. Dezember keine weiteren Beobachtungen mehr bekannt, obwohl der Komet sehr günstig am Himmel stand. Somit muss davon ausgegangen werden, dass er in jenen Tagen einen massiven Helligkeitseinbruch erlitten hat. Dies scheint durch die letzte Beobachtung von Uwe Pilz am 5.12. bestätigt zu werden: im 32cm-Reflektor konnte dieser den Kometen nur noch als überraschend schwaches, kaum mehr sichtbares Objekt ausmachen, dessen Helligkeit er auf nur noch 13.2m schätzte - deutlich schwächer als die obige Formel ergibt.

Die Schätzungen des Komadurchmessers zeigen eine recht große Streuung, was wohl darauf zurückzuführen sein dürfte, dass diese durch den zeitweise sehr deutlichen Schweif elliptisch erschien und nicht unbedingt der Durchmesser senkrecht zur Schweifachse bestimmt wurde. Die Schätzungen zeigen einen Anstieg von knapp 1.5' (30.000 km) am 10. September auf 3.8' (75.000 km) Mitte Oktober. Dieser Wert blieb bis in die erste Novemberwoche konstant, ging danach aber zurück und maß Ende November nur noch 2.5' (55.000 km).

Helligkeit und scheinbarer Komadurchmesser

Interessanterweise zeigte sich die Koma zu Beginn des Ausbruchs noch recht diffus (DC 3), verdichtete sich dann aber bis Anfang Oktober deutlich, als ein Wert von DC 7-8 erreicht wurde. Danach wurde die Koma - etwas langsamer - wieder diffuser; Ende November lag der Wert bei nur noch DC 2-3. Bis Mitte Oktober zeigte sich eine dominierende zentrale Kondensation, die die Koma eher matt aussehen ließ. Von dieser ging ein hellerer Streifen in antisolarer Richtung aus, der in den ebenfalls gut sichtbaren kurzen Schweif überging. Visuelle Schweifsichtungen wurden vom 25. September bis zum 15. Oktober gemeldet, wobei die Schweiflänge eine maximale Länge von 10' (600.000 km) erreichte. Während des genannten Zeitraums veränderte sich der Positionswinkel von 200° nach 130°.

David Schleicher ermittelte anhand von Schmalbandphotometrie folgende Produktionsraten (Moleküle/s) für den 9. Oktober: OH: 7.1×1027, Wasser: 8.1×1027, NH: 1.0×1025, CN: 2.1×1025, C2: 3.3×1024, C3: 5.9×1023, Staub: 2.5. Damit gehört dieser Komet zu der Gruppe der extrem kohlenstoffarmen Schweifsterne, deren Prototyp 21P/Giacobini-Zinner darstellt (CBET 3257). Beobachtungen mit dem 2m-Faulkes Süd Teleskop zeigten am 26.9. eine 3" große, hochverdichtete zentrale Kondensation, während die 10.2m helle Koma 1.7' maß. Am 3.10. war die weniger verdichtete zentrale Kondensation bereits 8" groß, die 9.4m helle Koma maß bereits 3'. Am 9.10. zeigte sich die zentrale Kondensation schlecht definiert, die 9.2m helle Koma wies einen Durchmesser von 4.5' auf. Der Staubparameter Af(rho) ergab sich am 26.9. zu 670 cm, am 3.10. zu 1210 cm und am 9.10. zu 850 cm, was klar auf einen Staubausbruch hindeutet. Beobachtungen des Lunar and Planetary Laboratory mit diversen Teleskopen zeigten am 16.10. eine Massenkonzentration nahe des Kerns, die sich in antisolare Richtung entfernte. Diese konnte bis zum 22.10. nachgewiesen werden. Eine Aufnahme mit dem 2.0m-Faulkes Nord Teleskop zeigte am 26.10. ein 17m helles Fragment B, welches sich in 2" Entfernung von der Hauptkomponente (PW=188°) befand und eine 2" kleine Koma aufwies. Dieses Fragment zeigt sich auf Aufnahmen vom 22.10. bis zur Grenzgröße 19m nicht. Das Fragment B konnte auch auf Aufnahmen vom 2.11. nachgewiesen werden, zeigte sich auf Aufnahmen vom 7.11. aber nicht mehr. Dafür konnte an diesem Tag ein anderes, 19.5m schwaches Fragment C festgestellt werden, welches 8" von der Hauptkomponente entfernt in PW=142° stand. Weitere Analysen verschiedener Aufnahmen wiesen zudem Fragmente D, E und F nach. Nach einer Analyse von Z. Sekanina löste sich Fragment B am 17. September von der Hauptkomponente mit einer Relativgeschwindigkeit von 0.18 m/s, was die Ursache für den Beginn des Helligkeitsanstiegs am 22. September gewesen sein dürfte. Die Fragmente C und D dürften sich um den 7. Oktober von der Hauptkomponente mit der Relativgeschwindigkeit von 0.3 m/s gelöst haben - möglicherweise als Folge des zweiten Helligkeitsanstiegs vom 1. Oktober. Fragment E scheint sich kurz nach dem Abbrechen des Fragments B von diesem gelöst zu haben. Fragment F dürfte sich um den 24. September von der Hauptkomponente gelöst haben, und ebenfalls den Helligkeitsanstieg ausgelöst haben. Da alle Fragmente nur eine kurze Lebenszeit aufwiesen, innerhalb derer sie zudem stetig länglicher wurden, dürfte es sich um Fragmentwolken gehandelt haben (CBET 3295). Am 11. November wurde Fragment G mit dem 2.1m-Kitt-Peak-Teleskop entdeckt. Das in anti-solarer Richtung elongierte, 2.4x1.8" messende Fragment befand sich 9.7" von der Hauptkomponente entfernt (PW=168°). Am Folgetag war es schwächer und kleiner geworden (1.8x1.5"). Gemäß Z. Sekanina löste sich dieses Fragment Anfang September mit sehr geringer Geschwindigkeit von der Hauptkomponente (just zum Zeitpunkt des ersten Ausbruchs) und existierte somit mindestens 10 Wochen (CBET 3318).

Uwe Pilz beobachtete am Abend des 13.9. einen sehr breiten fächerförmigen Schweifansatz nach SW; der Einsatz eines Swan-Band-Filters brachte nur eine schwache Kontraststeigerung. Gemäß Volker Kasten war der false nucleus am 22.9. dominierend, während die Koma schwach und diffus erschien; bei 48x wirkte der Komet dadurch wie ein von einem Nebel umgebener Stern. Walter Kutschera beobachtete am 4.10. eine grün-graue Koma mit einem auffälligen false nucleus; im leicht gebogenen Schweif konnte er deutlich Streamer erkennen. Am 8.10. notierte Volker Kasten einen schönen "beschweiften" Kometen bei allen Vergrößerungen (57x, 80x, 111x); der angegebene Komadurchmesser wurde senkrecht zur Schweifachse gemessen; die Helligkeit des false nucleus schätzte er auf etwa 11.3m. Am 9.10. notierte Uwe Pilz einen schmalen, lehrbuchmäßig geraden, 4' langen Plasmaschweif und einen breit-elliptischen Staubschweif; aus dem false nucleus trat - möglicherweise als Folge des Ausbruchs - ein kleiner Streamer aus (siehe Zeichnung. Gemäß Walter Kutschera zeigte der Komet an diesem Abend weiter eine gut kondensierte Koma mit grünlicher Farbe, die gleißend hell in den Schweif überging. Am 11.10. schätzte Volker Kasten die Helligkeit des false nucleus auf 11.2m; der angegebene Komadurchmesser wurde senkrecht zur Schweifachse gemessen. Am 12.10. erinnerte Andreas Kammerer die Morphologie an die B-Komponente des Kometen 73P/Schwassmann-Wachmann im Jahr 2006; der Komet präsentierte sich überraschend hell und einfach mit einem dominierenden false nucleus und elliptischer Koma, die eine leicht hellere Mittelachse aufwies, in deren Verlängerung sich der Schweif erstreckte; bei 242x schätzte er die Helligkeit des false nucleus auf 12.0m. Auf Walter Kutschera wirkte die Koma nicht mehr so grünlich wie in den Vortagen. Am 16.10. war der Komet nach Beobachtungen von Andreas Kammerer unauffälliger als vor vier Nächten, wobei insbesondere false nucleus und Schweif deutlich schwächer erschienen, zudem war kein Streamer erkennbar; die Helligkeit des false nucleus schätzte er bei 242x auf 13.0m. Gemäß Walter Kutschera zeigte der Komet am 19.10. erneut eine grün-graue Koma mit V-förmigem sehr hellem Jet, der bei 800x Faserstruktur aufwies und etwa 1' in den breitgefächerten Schweif hineinragte. Uwe Pilz beobachtete am 13.11. einen breiten, fächerförmigen Schweif; die zentrale Kondensation war weit nach NW verschoben; der Einsatz eines Swan-Band-Filters erbrachte nur eine geringe Kontraststeigerung.

Andreas Kammerer

FG-Beobachtungen


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