Auswertungen abgeschlossener Kometensichtbarkeiten

Interessante schwächere Kometen 2006


Am 29. Januar 2004 meldete das LINEAR-Team die Entdeckung eines asteroidalen Objekts der 19. Größenklasse im Sternbild Orion. Detaillierte Beobachtungen am Folgetag zeigten eine 3" kleine Koma mit einer 4" kurzen, breiten Verlängerung in PW=300-320° (IAUC 8279). Komet C/2004 B1 (LINEAR) stand bei der Entdeckung noch fast 8 AE von der Sonne entfernt und wird erst im Februar 2006 durch sein Perihel laufen. Unter Annahme eines Aktivitätsfaktors von n=4 könnte er im 1. Halbjahr 2006 immerhin 9-10m hell werden, bei n=3 immer noch 11m. Allerdings wird er für mitteleuropäische Beobachter erst im April 2006 über dem Südhorizont erscheinen. Nach Beobachtungen aus dem Sommer 2005 entwickelte sich der Komet deutlich unterdurchschnittlich, so daß nur noch eine Maximalhelligkeit zwischen 12m und 13m erwartet wurde.

Insgesamt 22 visuelle Beobachtungen lassen nur grobe Aussagen über die Helligkeitsentwicklung zu. Der Helligkeitsverlauf kann demnach mit nur einer Formel beschrieben werden, sofern ein Aktivitätsfaktor nahe Null angenommen wird (m0=11.5m / n=0). Unter dieser Annahme hätte der Komet im Mai seine größte Helligkeit mit etwa 12.0m erreicht - wobei die Schätzungen im Sommer 2005 allerdings ähnlich hell ausfielen. Weitere CCD-Beobachtungen scheinen allerdings darauf hinzudeuten, daß der Komet Mitte August 2006 einen Helligkeitseinbruch um mindestens 1m erlitt. Die Koma wies bei Sichtbarkeitsbeginn einen Durchmesser von etwa 1.5' (125.000 km) auf, im Frühjahr 2006 aber von nur noch wenig über 1.0' (75.000 km). Parallel hierzu verdichtete sie sich von DC 2-3 auf DC 3-4.

Scheinbare Helligkeit und Komadurchmesser

--------------------

Ein bereits am 20. April 2006 im Rahmen des Siding Spring Survey im Grenzgebiet Wassermann/Steinbock entdecktes 18.5m helles asteroidales Objekt zeigte bei detaillierteren Beobachtungen Ende Juli deutliche kometare Aktivität. Während Aufnahmen vom 26. Juli eindeutig ein stellares Objekt zeigen, präsentierte Komet P/2006 HR30 (Siding Spring) am 29. Juli eine in PW=31° bis zu 10" große schwache Koma. Aufnahmen vom 4. August zeigen eine Asymmetrie bzw. einen Schweif von 10" Länge in PW=5-10°. Der Komet mit einer Umlaufszeit von 21.9 Jahren wird sein Perihel zum Jahreswechsel 2006/07 durchlaufen und könnte dabei bis zu 10.5m hell werden (IAUC 8735/37).

Eine Aufnahme von Jäger/Rhemann vom 18. August zeigte ebenfalls einen schmalen, recht gut sichtbaren Schweif. Dagegen konnten CCD-Beobachter Anfang September lediglich ein absolut stermförmiges, 13.5m helles Objekt ohne Schweif feststellen.

Für die Auswertung konnten lediglich 35 Beobachtungen herangezogen werden. Diese deuten einen völlig ungewöhnlichen Helligkeitsverlauf an: der Komet wurde bis Ende September heller, danach aber stagnierte die Helligkeit bei 14.0-14.5m bis mindestens Mitte Februar 2007. Dies impliziert einen negativen Aktivitätsfaktor, d.h. einen Rückgang der Aktivität mit Annäherung an die Sonne. Die Tatsache, daß eine winzige Koma nur in den ersten Wochen ausgemacht werden konnte, spricht allerdings dafür, daß der Komet nur während dieser Phase überhaupt aktiv war und sich seither wie ein Asteroid verhält. Tatsächlich kann der Helligkeitsverlauf recht gut mit der Helligkeitsformel für Asteroiden dargestellt werden, wobei die Helligkeitsparameter H=12.0m / G=0.15 betragen.

Scheinbare Helligkeit und Komadurchmesser

--------------------

Am 14. Juni 2006 fand Robert McNaught im Rahmen des Siding Spring Survey einen weiteren Kometen. Komet C/2006 L2 (McNaught) stand als 13.5m helles Objekt im Sternbild Zentaur. Er zeigte eine 40" große Koma sowie einen 1.5' langen Schweif in PW=135°. Beobachtungen vom 15. Juni zeigten einen hellen sternförmigen false nucleus und eine 25" große, in Richtung PW=140° elongierte Koma. Eine visuelle Beobachtung von John Bortle vom gleichen Tag ergab eine 0.7' große diffuse Koma der Helligkeit 13.5m. Ähnliche Schätzungen wurden bis Ende Juli bekannt. Der Komet wird Ende November durch sein Perihel laufen und könnte dabei 13.0m hell werden (IAUC 8721). Von Mitteleuropa aus wird er bis Ende November sehr schlecht am Morgen- bzw. Abendhimmel positioniert sein.

Von der Sichtbarkeit des Kometen kann im Hinblick auf gerade einmal 25 Beobachtungen nur eine grobe Auswertung durchgeführt werden. Die Helligkeitsentwicklung kann recht gut mit den Parametern m0= 4.0m / n=7 dargestellt werden, womit sich eine maximale Helligkeit von 11.5m in der zweiten Dezemberhälfte 2006 ergibt. Der Komadurchmesser nahm im Laufe der Sichtbarkeit leicht von 1.0' (100.000 km) auf 2.0' (200.000 km) zu, um bis Mitte März wieder auf knapp 1.5' (150.000 km) zurückzugehen. Dabei war die Koma konstant mäßig verdichtet (DC 3).

Scheinbare Helligkeit und Komadurchmesser

--------------------

Ein bereits am 9. Dezember 2006 vom LINEAR-Team im Grenzbereich Kassiopeia/Perseus entdecktes, 17.5m helles asteroidales Objekt zeigte bei detaillierten Beobachtungen Anfang Januar 2007 seine kometare Natur. Komet C/2006 XA1 (LINEAR) wies eine 24" große Koma mit einer schwachen zentralen Kondensation sowie einen 10" langen Schweif in PW=310° auf. Sein Perihel wird er im Juli durchlaufen und könnte dann bis zu 14.5m hell werden. Allerdings steht er zu dieser Zeit der Sonne sehr nahe. Gemäß den neuesten Bahnelementen beträgt seine Umlaufszeit knapp 4.000 Jahre (IAUC 8790 / MPEC 2007-C33).
Michael Jäger schätzte ihn am 9.2.07 auf 15.5-16.0m mit einer 1' großen Koma. Am Abend des 11. März konnte er ihn mit seiner 8"SC plus CCD als 14.5m helles Objekt mit einer 1.5' großen Koma ablichten. Anfang April wurde die Helligkeit der knapp 1' messenden, mäßig verdichteten Koma dann visuell auf 13.5m geschätzt.

--------------------

Der Komet 41P/Tuttle-Giacobini-Kresak (P = 5.4a) wurde am 3. Februar 2006 von LINEAR und am 24.2.2006 im Rahmen des Mt.Lemmon Surveys wieder aufgefunden - die ersten Beobachtungen seit 2001, welche auch kleine Änderungen der Bahnelemente bedingten. Auf den Aufnahmen vom 24.2. präsentierte er sich mit einer 15x20" großen Koma (große Achse in PW=100/280°) der Gesamthelligkeit 17.0m (IAUC 8679). Aufgrund seines extrem hohen Aktivitätsfaktors konnte er im Frühjahr 2006 mit Amateurinstrumenten gesichtet werden, wobei er vom Sternbild Zwillinge in die Jungfrau lief. Erwartet wurde eine Maximalhelligkeit von etwa 11.0m, doch zeigte dieser Komet schon mehrfach größere Helligkeitsausbrüche.
Der Komet wurde im Frühjahr 2006 nur wenig beobachtet. Für die Auswertung konnten gerade einmal 30 internationale Beobachtungen verwendet werden. Demnach wies der Komet eine deutlich unterschiedliche Helligkeitsentwicklung vor und nach dem Perihel auf:

vor dem Perihel: m = 9.3m + 5×log D + 37×log r
nach dem Perihel: m = 9.6m + 5×log D + 20×log r

Damit ergibt sich das Helligkeitsmaximum zu 10.0m Mitte Juni. Der Komadurchmesser stieg von knapp 1' (40.000 km) Anfang Mai auf 4.5' (200.000 km) in der zweiten Junihälfte an, ging dann aber bis Ende August wieder auf knapp 2' (100.000 km) zurück. Dabei war die Koma stets nur gering verdichtet (DC-Wert bei konstant DC 3).

Scheinbare Helligkeit und Komadurchmesser

--------------------

Michael Jäger und Gerald Rhemann konnten den Kometen 45P/Honda-Mrkos-Pajdusakova am 24. Mai 2006 von Namibia aus im Sternbild Fische als 11m helles Objekt mit einer 2' großen, mäßig verdichteten Koma wiederentdecken. Der Komet wird Ende Juni durch sein Perihel laufen, der Sonne im weiteren Verlauf für erfolgreiche Beobachtungen allerdings zu nahe stehen.

--------------------

Der Komet 71P/Clark wurde von verschiedenen Observatorien Ende Dezember 2005 als 17.5-18.0m schwaches Objekt im Ostteil des Sternbilds Jungfrau wiederentdeckt (IAUC 8652). Für die Auswertung können 40 internationale Beobachtungen verwendet werden. Diese weisen auf eine sehr asymmetrische Helligkeitsentwicklung hin. Demnach steigerte der Komet seine heliozentrische Helligkeit noch bis 40 Tage nach dem Perihel, wobei die Helligkeitsentwicklung insgesamt mit dt-Formeln beschrieben werden muß:

t < +40d: m = 12.3m + 5×log D - 0.025×|t-T|
t > +40d: m = 10.7m + 5×log D + 0.020×|t-T|

Damit ergibt sich eine maximale Helligkeit von 10.2m Mitte Juli 2006. Der Komadurchmesser stieg von knapp über 1.0' (40.000 km) Anfang Mai auf 1.8' (50.000 km) Mitte Juli an. Danach ging er wieder zurück und betrug Ende August etwa 1.0' (35.000 km). Die Koma war dabei mittelmäßig verdichtet (DC 4-5).

Scheinbare Helligkeit und Komadurchmesser

--------------------

Am 25. August 2006 wurde der Komet 76P/West-Kohoutek-Ikemura im Sternbild Orion wiederentdeckt (MPEC 2006-Q61). Gemäß dem ICQ-Handbuch soll er Ende 2006 eine maximale Helligkeit von 13-14m erreichen.
Bislang ist nur eine sehr kleine Zahl an Beobachtungen publiziert worden, die eine maximale Helligkeit von etwa 13m andeuten. Walter Kutschera gelang es am 1./2. November 2006, den Kometen mit seinem 54cm-Reflektor plus Watec-Kamera als 14.4m helles Objekt mit einer 1.2' großen, elongierten Koma (DC 2-3) aufzufinden. Am Morgen des 28.11. konnte er den Kometen als runde Aufhellung gut ausmachen.

--------------------

Michael Jäger und Gerald Rhemann konnten den Kometen 80P/Peters-Hartley auf Aufnahmen vom 27. Mai 2006 von Namibia aus wiederentdecken. Der im Sternbild Wasserschlange stehende Komet zeigte eine 19.0m schwache, 15" kleine Koma mit diffuser zentraler Kondensation. Er wird sein Perihel im September durchlaufen, dann aber der Sonne zu nahe stehen. Die maximale Helligkeit könnte bei 14-15m liegen.

--------------------

Auf B-, V-, R- und I-Aufnahmen vom 30. Dezember 2005 mit dem 5m-Palomarspiegel konnte eine Koma um das Zentaur-Objekt (60558) 2000 EC98 festgestellt werden. Die R-Aufnahmen zeigten eine 20" große Koma mit einer Gesamthelligkeit von 17.5m (berechnete Asteroiden-Helligkeit: 20-21m). Das Perihel wird am 24.04.2015 bei etwa 5.9 AE erreicht. Die Umlaufszeit beträgt 35.3 Jahre (IAUC 8656). Beobachtungen um den 10. Januar 2006 zeigten eine verdichtete, 1' große Koma der Helligkeit 14.0-14.5m ohne Schweif. Visuelle Schätzungen in jenen Tagen ergaben Helligkeiten um 14.5m (IAUC 8660). Weitere Beobachtungen bis Anfang Februar bestätigen die Helligkeit. Mit Amateurinstrumenten erscheint die gering verdichtete Koma mit einem scheinbaren Durchmesser von etwa 0.5'. Damit ist dieses Zentaur-Objekt mit einer aktuellen Sonnendistanz von 13.0 AE der am weitesten entfernte Komet, der bislang visuell beobachtet worden ist. Er erhielt zwischenzeitlich die permanente Kometenbezeichnung 174P/Echeclus (P = 35.3a) zugewiesen (der Name war bereits zuvor dem Asteroiden zugeteilt worden).
Auf CCD-Aufnahmen vom 2. April zeigte das kometare Objekt eine komplexe Morphologie: eine 2' große Koma geringer Flächenhelligkeit befand sich östlich des Kerns (mit diesem nahe des Westrandes), eine 7" messende Region hoher Flächenhelligkeit westlich des Kerns, welche wohl als Folge eines kurzfristigen Ausbruchs entstanden war. Während der Kern eine R-Helligkeit von 20.1m aufwies, ergibt sich für die lichtschwache, große Koma eine von 16m und für die helle Region von 17.9m (IAUC 8677, 8701). Michael Jäger und Gerald Rhemann fotografierten den Kometen am 20. und 23. Mai 2006 von Namibia aus. Die Helligkeit der 1.5' großen, elongierten Koma schätzten sie auf 16.0m; sie zeigte eine diffuse zentrale Kondensation.
Gleich mehrere Beobachtergruppen stellten im Sommer 2006 fest, daß das seltsame Erscheinungsbild des Kometen von insgesamt zwei Körpern verursacht wird. Ein von einer hellen Koma umgebenes großes Fragment ist dabei der wesentlich aktivere von beiden. Bei der Entdeckung der kometaren Aktivität am 30. Dezember wies die Hauptkomponente eine Helligkeit von 20.7m auf, das sich nur 1.4" nordöstlich befindliche Fragment von 16.1m. Ende Februar wurde eine maximale Separation von 7.0" erreicht. Am 20. April betrugen die Helligkeiten von Haupt- und Sekundärkomponente 20.4m und 16.7m. Bis zum 4. Mai war die Separation auf 2.7" zurückgegangen, mit dem Fragment südwestlich der Hauptkomponente. Die scheinbaren Abstände/Positionswinkel können nicht durch eine Keplerbewegung dargestellt werden. Die plausibelste Erklärung ist das Abbrechen eines größeren Fragments. Dieses zeigt eine hohe Aktivität, während die Hauptkomponente ziemlich inaktiv ist (CBET 563).
In den Wintermonaten 2006/07 können Besitzer großer Teleskope bzw. Fotografen erneut versuchen, den Kometen als 14-15m helles Objekt zu finden. Er hält sich im Sternbild Jungfrau auf, ist somit ein Morgenhimmelobjekt. Dabei wird angenommen, daß sich der Komet im vergangenen Frühjahr nicht in einer Ausbruchsphase befand, was allerdings nicht sicher ist. Beobachtungen sind somit dringend erwünscht.

--------------------

Drei Beobachtern am Observatorium von Sofia gelang die Wiederentdeckung des Kometen P/2001 Q2 (Petriew) im Grenzbereich Rabe/Jungfrau am 11. Januar 2007. Der zunächst als Komet P/2007 A3 (Petriew) bezeichnete Schweifstern wies eine Helligkeit von 16.0m sowie eine Koma von 0.7' (mit einem inneren Bereich von 15-20") auf. Im Vergleich zu den Prognosen betrug die Korrektur lediglich dt = -0.04d (IAUC 8795/96). Die Wiederentdeckung konnte, trotz einer Elongation von nur 28°, in den folgenden Tagen u.a. von Werner Hasubick bestätigt werden. Der Komet wird maximal 14m hell, steht aber für Mitteleuropa sehr ungünstig. Mittlerweile hat er die permanente Bezeichnung 185P/Petriew erhalten (IAUC 8803). Michael Jäger schätzte die Helligkeit des Kometen am 9.2. mit 12.0m um 2.5m heller ein als nach der Entdeckungshelligkeit zu erwarten gewesen wäre, wobei der Komet eine 1.5' große, verdichtete Koma zeigte.
Der Komet wurde im Februar/März 2007 von ein paar Spezialisten visuell beobachtet. Er zeigte sich als etwa 11.5m helles Objekt mit einer 1.5' großen, mäßig verdichteten Koma. Dieter Schubert konnte den Kometen mit seinem 10"SC plus CCD am Abend des 10. März in nur 14° Höhe als 11.5m helles Objekt mit einer 0.5' großen Koma dokumentieren. Michael Jäger konnte den Kometen am Abend des 11. März mit seiner 8"SC plus CCD als 11.0m helles Objekt mit enier 2.5' großen Koma und einem 5' langen Schweif in PW=75° ablichten.

Andreas Kammerer


Zurück...