Auswertungen abgeschlossener Kometensichtbarkeiten

177P/Barnard

2006


Am 23. Juni 2006 wurde an der Grenze Schlangenträger/Schütze ein 17m helles asteroidales Objekt entdeckt, welches sich bei detaillierten Beobachtungen als kometar herausstellte. So zeigte es am folgenden Tag eine 6" kleine, runde Koma mit deutlicher zentraler Kondensation. Bereits kurz darauf angestellte Bahnrechnungen ergaben, daß es sich bei dem Objekt um den Kometen P/Barnard 2 (1889c = 1889 III) handelt, der bei der damaligen Sichtbarkeit durchweg als schwach und kaum kondensiert beschrieben wurde. Die Beobachtungen aus dem Jahr 1889 können mit den diesjährigen allerdings nur unter der Annahme signifikanter nicht-gravitativer Kräfte zufriedenstellend dargestellt werden. Komet P/2006 M3 (Barnard) hat damit eine aktuelle Umlaufszeit von 119.6 Jahren und erhielt zwischenzeitlich die permanente Bezeichnung 177P/Barnard. Die diesjährige Sichtbarkeit war sehr günstig, mit einer minimalen Erddistanz von nur 0.35 AE Mitte Juli. Er durchlief sein Perihel Ende August, wobei zunächst - unter Annahme durchschnittlicher Helligkeitsparameter - eine maximale Helligkeit von 13-14m prognostiziert wurde (IAUC 8726, Comet's Mailing List). Bei Verwendung der Helligkeitswerte von 1889 ergab sich eine maximale Helligkeit von 8m, weshalb in den ersten Wochen spekuliert wurde, ob der Komet eventuell noch nicht "gezündet" hatte oder aber einen sehr hohen Aktivitätsparameter besitzt.

Die Auswertung der 35 Beobachtungen von 7 FGK-Beobachtern sowie 240 internationaler Beobachtungen ergibt tatsächlich einen hohen Aktivitätsparameter. Doch dürfte dieser alleine nicht ausreichen, um den steilen Helligkeitsanstieg der ersten Wochen zu erklären. Möglicherweise "zündete" der Komet zu dieser Zeit zusätzlich. Sicher aber wurde er in den ersten Wochen auch mit zu großen Instrumenten verfolgt, die nur die inneren Bereiche der extrem diffusen Koma erfassen konnten. Aus diesem Grund habe ich bei der Ermittlung der Helligkeitsformel die ersten Tage nicht berücksichtigt. Aufgrund der sehr diffusen Koma zeigt sich zwar eine recht große Streuung in den Helligkeitsschätzungen. Dennoch kann der Verlauf mit der Formel m = 9.0m + 5×log D + 23×log r insgesamt gut dargestellt werden. Damit ergibt sich eine maximale Helligkeit von 8.5m Mitte August.

Helligkeit und scheinbarer Komadurchmesser

Aufgrund der großen Streuung in den Schätzungen kann auch die Entwicklung des Komadurchmessers eher grob dargestellt werden. In den ersten Tagen dürfte der Komadurchmesser aus den bereits genannten Gründen mit 4' (50.000 km) deutlich unterschätzt worden sein. Um den 22. Juli wurden 9' (160.000 km) geschätzt. Der Komadurchmesser vergrößerte sich in den folgenden 4 Wochen noch ein wenig und erreichte um den 20.8. Werte von etwa 14' (300.000 km). Danach ging er bis Ende August recht rasch auf 9' (200.000 km), im weiteren Verlauf dann deutlich langsamer wieder zurück und betrug Ende Oktober 3.5' (110.000 km). Die Koma präsentierte sich im Fernglas als sehr diffus, mit kaum erkennbarer Verdichtung zur Mitte hin. Im Teleskop war die Verdichtung zur Mitte hin hingegen gut erkennbar, wobei sich im Zentrum ein schwacher, kleiner Materieknoten befand. Bis Anfang Oktober lag der DC-Wert zwischen 2 und 3, ging aber in der zweiten Oktoberhälfte auf 1 zurück.

Am Abend des 17.7. stellt der Komet für Maik Meyer ein schwieriges Objekt mit geringer Flächenhelligkeit dar, welches am besten mit indirektem Sehen erkannt wurde; mit einem Lumicon Swan-Band-Filter konnte er eine deutliche Verstärkung feststellen: der Komet erschien größer und kondensierter. Am 18.7. beobachtete er eine undeutlich begrenzte, große und schwache äußere Koma. Und am 22.7. eine undeutlich begrenzte Koma. Andreas Kammerer konnte den Kometen am 23.7. unter nicht ganz optimalen Bedingungen im 12"SC nur als schwaches, sehr diffuses Objekt mit ganz leichter Verdichtung zur Mitte hin ausmachen; bei 242x zeigte sich ein schwacher, ca. 15" großer zentraler Materieknoten. Walter Kutschera beobachtete am 29.7. im 54cm-Reflektor eine schneeweiße Koma innerhalb derer Strukturen nur mäßig als leichte Verfaserung vom Kern ausgehend wahrzunehmen waren. Am 31.7. waren nach seiner Beobachtung die Strukturen deutlicher, wohingehend die Koma etwas blasser wirkte. Volker Kasten beobachtete den Kometen im 11cm-Refraktor, 30x als extrem diffuses, eventuell leicht ovales Objekt, welches M33 im Fernglas unter mäßigen Sichtbedingungen ähnelte; auch im 14x100-Fernglas konnte er den Kometen erkennen und schätzte ihn ähnlich hell (aber alle Helligkeitsschätzungen waren wegen der Größe und Diffusität des Objektes schwierig).

Am Abend des 13.8. konnte Walter Kutschera im 54cm-Reflektor erneut Faserstrukturen in der großen weißen Koma erkennen; zudem vermutete er einen schwachen Schweifansatz. Volker Kasten war am 15.8. nur eine grobe Helligkeitsschätzung mit dem Fernglas möglich; in Durchmesser und Erscheinungsbild ähnelte der Komet M 101, wobei M 101 aber eine deutlich größere Flächenhelligkeit aufwies. Auch am 18.8. erschien ihm M 101 bei ähnlichem Durchmesser etwas flächenheller als der Komet. Andreas Kammerer konnte den Kometen im Fernglas als sehr schwache, extrem diffuse Aufhellung mit nur leichter Verdichtung zur Mitte hin sicher erkennen; im 12"SC, 75x stellte er ein gut sichtbares aber nicht auffälliges Objekt mit sehr diffuser Koma dar, die zur Mitte hin nur wenig heller war, aber im Zentrum eine überraschend kleine zentrale Kondensation aufwies; bei 242x zeigte sich die zentrale Kondensation als eher schwacher kleiner Materieknoten. Auch am 19.8. wies M 101 für Volker Kasten im 14x100-Fernglas einen ähnlichen Durchmesser, aber eine merklich größere Flächenhelligkeit als der Komet auf; mit einem 10x50B schätzte er die Helligkeit auch auf 8.2m. Gemäß Andreas Kammerer zeigte sich der Komet im Fernglas schwieriger als am Vorabend; im 12"SC, 75x war er erneut gut sichtbar, mit einer Morphologie wie am Vorabend; bei 242x zeigte sich eine kleine zentrale Kondensation. Laut Walter Kutschera wirkte der Komet etwas schwächer mit größer gewordener Koma; die innere Koma hob sich deutlicher hervor; ein Schweifansatz war nur mit der Watec-Kamera auszumachen.

Gemäß Walter Kutschera zeigte der Komet am Abend des 13.9. noch immer eine sehr große Koma, die Faserstruktur aufwies und leicht rautenförmig wirkte; ein schwacher, diffus wirkender Schweifansatz war bei längerer Beobachtung gut auszumachen. Andreas Kammerer konnte am Abend des 21.9. eine schwache, extrem diffuse Koma ausmachen (die er dennoch sofort bemerkte); bei 333x sah er eine schwache, kleine zentrale Kondensation. Am 23.9. beobachtete Dieter Schubert eine ziemlich große, aber äußerst diffuse Kometenwolke, die indirekt am besten zu erkennen war (dann auch deutlich); die Helligkeit der Koma erschien ihm völlig gleichmässig.

Andreas Kammerer beobachtete am 15.10. eine ganz leichte Aufhellung an der Kometenposition, die er aber wiederholt feststellen konnte; bei 242x konnte er in der extrem diffusen Koma keine zentrale Verdichtung ausmachen. Am 16.10. konnte er den Kometen als ganz leichte Aufhellung sicherer erkennen als in der vorangegangenen Nacht; selbst bei 242x war aber wiederum keine zentrale Verdichtung festzustellen. Walter Kutschera zeigte sich der Komet nur noch als konturlose Aufhellung, die im Zehnzöller gerade noch zu erkennen war.

Andreas Kammerer

FG-Beobachtungen


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