Auswertungen abgeschlossener Kometensichtbarkeiten

Interessante schwächere Kometen 2002


Ein bereits am 24. September 2000 im Sternbild Fische entdecktes asteroidales Objekt entpuppte sich bei näherem Hinsehen als kometar. Komet C/2000 SV74 (LINEAR) präsentierte sich als 16.5m schwaches, 16" kleines Objekt mit einem 20" kurzen Schweif in PW=150°. Der Komet passierte sein Perihel erst im Frühjahr 2002, befand sich dabei aber immer noch etwa 3.5 AE von der Sonne entfernt; bei der Entdeckung war er 6 AE von unserem Zentralgestirn entfernt (IAUC 7510). Lediglich neun visuelle Beobachtungen von drei FGK-Beobachtern gingen ein. Erst die Hinzunahme von 175 internationalen Beobachtungen gestattet eine sinnvolle Auswertung. Demnach kann die Helligkeitsentwicklung am plausibelsten mit der Formel

m = 6.1m + 5×log D + 7.2×log r

dargestellt werden, was eine Maximalhelligkeit von 12.8m Mitte November 2001 ergibt. Der scheinbare Komadurchmesser lag zu Beginn bei 1.1', erreichte ein erstes Maximum von 1.4' im September 2001, ging bis zum Jahreswechsel 2001/02 auf 1.1' zurück, stieg bis zum Mai 2002 erneut auf 1.4' an, um im Herbst 2002 wieder auf 1.2' zurückzugehen. Im März 2003 lag er bei etwa 0.7'. Der absolute Komadurchmesser lag anfangs bei rund 200.000 km, ging dann aber bis zum Jahreswechsel 2001/02 kontinuierlich bis auf 180.000 km zurück. Nach einem Anstieg auf 240.000 km im Mai 2002 blieb er in den folgenden Monaten konstant. Im März 2003 war er allerdings auf 120.000 km zurückgegangen. Die Koma selbst war über die gesamte bisherige Sichtbarkeit hinweg eher gering kondensiert (bis MItte 2002: DC 3, danach DC 2).

Helligkeit und scheinbarer Komadurchmesser

Am 17./18.7.01 beobachtete Walter Kutschera ein mäßig kondensiertes Rund an der erwarteten Position. In der folgenden Nacht, 18./19.7., konnte er lediglich eine schwache Aufhellung erkennen und vermutete einen Helligkeitseinbruch. Werner Hasubick konnte den Kometen in der Nacht vom 11./12.8. mit dem 44cm-Reflektor nicht finden; er schätzte ihn daher auf schwächer als 14.0m. Dieter Schubert konnte den Kometen am 22.8., 24.8. und 25.8. mit seinem 12"-Newton ebenfalls nicht finden; er schätzte die Helligkeit auf schwächer als 13.0m. In der Nacht 17./18.9. erschien Walter Kutschera der Komet - im Vergleich zu seiner Beobachtung zwei Monate zuvor - eher schwächer als heller geworden zu sein. Walter Kutschera beschreibt den Kometen am 14./15.12. als schwachen runden Nebelfleck. Michael Jäger fotografierte den Kometen am 3.6.02 und bestimmte die Helligkeit zu ca. 13.3m, den Komadurchmesser zu 55".
--------------------

Einen Doppelkometen fand das LINEAR-Team am 26. August 2002 im Grenzbereich Kleiner Bär/Drache. Die hellere Komponente, C/2002 Q2 (LINEAR), präsentierte sich als 17.0m helles Objekt mit einer etwa 20" großen, gut kondensierten Koma. Die schwächere Komponente, C/2002 Q3 (LINEAR), war 19.0m hell und wies eine diffuse, etwa 25" große Koma ohne zentrale Kondensation auf. Die beiden Komponenten standen 42' voneinander entfernt. Weitere Beobachtungen zeigten, daß die beiden Komponenten keine großen Erd- bzw. Sonnendistanzen aufweisen, es sich somit um absolut schwache Kometen handelt (IAUC 7960). Sie standen bei der Entdeckung im Perihel, näherten sich der Erde aber noch bis Mitte September. CCD-Aufnahmen vom 4. und 5. September zeigten drei Komponenten (A bis C) im Kern des Kometen C/2002 Q3, mit R-Helligkeiten von 21.7m, 22.1m und 22.6m. Weitere astrometrische Beobachtungen der Kometen sowie der einzelnen Fragmente des Komets C/2002 Q3 erlaubten es Z. Sekanina, die Historie des Auseinanderbrechens genauer zu bestimmen. Demnach löste sich C/2002 Q3 im Jahr 1970.2 +/- 1.2a in einer Sonnendistanz von 56 AE von C/2002 Q2 mit einer Relativgeschwindigkeit von 0.18 m/s. Innerhalb von C/2002 Q3 stellt das Fragment A die Hauptkomponente dar. Die Historie des Fragments B bleibt weiter unklar. Fragment C löste sich etwa 1973 +/- 4a von der Hauptkomponente, mit einer Relativgeschwindigkeit von lediglich 0.1 m/s. Hingegen brach das neuentdeckte Fragment D erst am 5. Juli (+/-2d) dieses Jahres vom Fragment A ab; mit der Relativgeschwindigkeit von 1.3 m/s (IAUC 7978). Visuell wurde der Komet C/2002 Q2 in der ersten Septemberhälfte auf eine Helligkeit von etwa 12.5-13.0m geschätzt; bei einem scheinbaren Komadurchmesser von 1.5'.
Michael Jäger hat nachträglich festgestellt, daß beide Kometen auf einer Aufnahme (des Kometen Hönig) vom 20./21.8. abgebildet sind. Allerdings waren sie so diffus, daß er sie nicht erkannt hat, zumal er die Belichtungszeit aufgrund des störenden Mondes verkürzen mußte. Dies ließ ihm keine Ruhe, so daß er die Kometen am Abend des 2.9. erneut aufs Korn nahm. Die Aufnahme zeigte beide Objekte deutlich heller als prognostiziert. C/2002 Q2 schätzte er auf 13.8m, C/2002 Q3 auf 14.2m, bei Komadurchmessern von 1.0' und 1.2', wobei ersterer aber deutlicher kondensiert war als letzterer. Verwundert äußerte sich Michael Jäger allerdings über publizierte visuelle Schätzungen von 2002 Q2 von 12m; der Komet erscheint auf seinen Aufnahmen erkennbar schwächer als P/Sanguin, den er in der gleichen Nacht auf 12.5-13.0m schätzte. Die Auswertung einer Aufnahme vom 12./13.9. ergab Werte von 13.6m/1.7' bzw. 14.0m/1.2'. David Bender konnte beide Kometen am 11. Oktober mit einer 6"-Schmidtkamera nicht erfassen und schätzte ihre Helligkeiten daher auf schwächer als 15m. Die einzige visuelle FGK-Beobachtung, die gut mit den obigen Angaben übereinstimmt, gelang Werner Hasubick.
--------------------

Am 28. August 2002 fand das LINEAR-Team ein asteroidales Objekt der 17. Größenklasse im Sternbild Schwan. Genauere Beobachtungen wiesen seine kometare Natur nach. Komet C/2002 Q5 (LINEAR) präsentierte sich auf CCD-Aufnahmen als 15.5m helles Objekt mit einer 20" kleinen Koma und einem nach SE gerichteten, schwachen, etwa 1' kurzen Schweif. Der absolut eher schwache Komet läuft im November durch sein Perihel, seine Helligkeit wird in den kommenden Wochen aber recht konstant bleiben (IAUC 7962). Eine Aufnahme von Michael Jäger mit der 10"-Schmidtkamera vom 12./13.9. ergab allerdings eine Helligkeit von 13.3m und einen Komadurchmesser von 1x1.5'. Michael Jäger fotografierte den Kometen erneut am 29.9. und 30.9. (8"-SC) sowie am 8.10. (10"-SC) als jeweils 12.7m helles Objekt mit einer 2' großen Koma. Visuelle Beobachter schätzten den Kometen zu jener Zeit auf etwa 13.5m mit einer 1' großen Koma. Der Komet stand Anfang Dezember 2002 in Konjunktion mit der Sonne und konnte danach von unseren Breiten aus allenfalls von Spezialisten gefunden werden. Im Januar 2003 tauchte er für kurze Zeit nochmals am Morgenhimmel auf. Die Höhen waren sehr bescheiden und gingen zudem kurz danach zurück, da der Komet nach Süden wanderte.
Der Komet bot im Winter 2002/03 eine positive Überraschung, die allerdings aufgrund der geringen Horizonthöhen nur von wenigen verfolgt werden konnte. Nach seiner Konjunktion mit der Sonne zeigte er sich Ende Dezember 12.5m hell - 1.5m heller als erwartet. Mitte Januar 2003 scheint er die maximale Helligkeit (ca. 12.2m) erreicht zu haben. Der Durchmesser der eher gering kondensierten Koma lag zu dieser Zeit bei rund 1.5'.
--------------------

Auch die nächste Kometentdeckung gelang dem LINEAR-Projekt, dieses Mal am 25. Oktober 2002 im Grenzbereich der Sternbilder Giraffe/Großer Bär. Der Komet C/2002 U2 (LINEAR) war 15.5m hell und zeigte eine 10" kleine Koma sowie einen 2' langen Schweif in westlicher Richtung. Er lief in den folgenden Monaten durch die Sternbilder Kleiner Bär, Drache in den Herkules und sollte dabei, am Morgenhimmel stehend, während seines Periheldurchgangs zum Jahreswechsel eine maximale Helligkeit von etwa 14.0m erreichen (IAUC 8000).
Der Komet scheint nach dem Periheldurchgang rascher als erwartet schwächer geworden zu sein. Auf jeden Fall wurde bislang keine visuelle Sichtung bekannt. Mitte Januar lagen die CCD-Helligkeiten bei rund 15.5m, der Komadurchmesser bei rund 0.8'. Michael Jäger konnte den Kometen am Abend des 23.11. mit seiner 8"-Schmidtkamera noch als 13.0-13.5m helles Objekt fotografieren - ungefähr 1m heller als prognostiziert.
--------------------

Eine einzige(!) visuelle FGK-Beobachtung vom Kometen 46P/Wirtanen ging ein. Auch an internationalen Beobachtungen konnten für eine Auswertung lediglich 35 verwendet werden. Dies ist zunächst sehr verwunderlich für einen Kometen, der eine Maximalhelligkeit von immerhin 10.3m erreichte (Anfang August 2002). Verständlicher wird es unter Berücksichtigung der Tatsache, daß er ein Morgenhimmelobjekt war, eher geringe Höhen erreichte und sich aufgrund seiner recht diffusen Koma somit schwerlich vom Horizontdunst abheben konnte. Die Helligkeitsentwicklung kann am plausibelsten mit der Formel m = 9.0m + 5×log D + 7.5×log r dargestellt werden. Dies ist überraschend, da Komet Wirtanen im allgemeinen eher einen hohen Aktivitätsfaktor zeigt. Im Verlauf des Novembers und Dezembers 2002 muß die Helligkeit dann aber regelrecht eingebrochen sein, da - trotz besser werdender Sichtbarkeitsbedingungen - keine visuellen Beobachtungen mehr bekannt wurden und CCD-Beobachtungen den Kometen im Dezember auf 15m und im Januar auf 17m schätzten. Der Komadurchmesser lag von August bis November 2002 recht konstant bei 2.5' (200.000 km), der DC-Wert bei DC 3.

Helligkeit und scheinbarer Komadurchmesser

Anhand einer Aufnahme vom 8.9.02 mit seiner 10"-Schmidtkamera schätzte Michael Jäger die Helligkeit des sich in der Nähe von Jupiter aufhaltenden, tief stehenden Kometen auf 10.5m. Der Komadurchmesser betrug 2.5' und ein 3.5' langer Schweif konnte ausgemacht werden. Er fotografierte den Kometen am 5. Oktober 2002 mit seiner 10"-Schmidtkamera erneut, dieses Mal als 9.5m helles Objekt mit einer 4.5' großen Koma (innere Koma: 2') und einem angedeuteten, diffusen Schweif in westliche Richtung.
--------------------

Am 11. Oktober 2002 entdeckte das NEAT-Team einen Kometen im Sternbild Widder, dessen Helligkeit es mit etwa 19m angab. Weitere Beobachtungen des zunächst als P/2002 T4 (NEAT) bezeichneten Kometen zeigten eine 4" kleine Koma mit einem 20" langen, nach SSW gerichteten Schweif. Bereits am nächsten Tag wies K. Muraoka darauf hin, daß es sich bei diesem Objekt um den letztmals im Jahr 1965 beobachteten Kometen 54P/de Vico-Swift handelt, der erst drei Mal beobachtet werden konnte (1844, 1894, 1965). Die zeitliche Korrektur zu den Vorhersagen betrug -7.5d. Berechnungen von B. Marsden ergaben eine Annäherung des nunmehr mit 54P/de Vico-Swift-NEAT bezeichneten Kometen an Jupiter bis auf 0.16 AE am 18.10.1968 (IAUC 7991/92).
--------------------

Das NEAT-Projekt entdeckte am 12.7. ein 19m schwaches Objekt nur 0.2° vom deutlich helleren Kometen 57P/du Toit-Neujmin-Delporte entfernt. Detaillierte Beobachtungen zeigten eine 12" kleine, nach SW-NE elongierte Koma. Weitere astrometrische Ergebnisse ergaben eine Bahn des Objekts, welche mit der des Kometen du Toit-Neujmin-Delporte identisch ist, wobei das Objekt dem Kometen mit einem zeitlichen Abstand von +0.19d folgte. Auf einer Aufnahme mit dem 1.2m-Palomar-Schmidtteleskop vom 1. Juli ist keine Spur des Fragments (Komponente B) zu erkennen. Rückblickend könnte diese Fragmentierung die überraschend große Helligkeit beim letzten (sehr unvorteilhaften) Periheldurchgang im Jahr 1996 erklären. Die erste Beobachtung nach dem Perihel zeigte den Kometen damals mit einer Helligkeit von 13.3m etwa 5m heller als erwartet (IAUC 7934). Aufnahmen mit dem 2.2m-Reflektor der University of Hawaii vom 17./18. und 18./19. Juli zeigten weitere 18 Fragmente zwischen 20.0m und 23.5m. Ihre Morphologie reichte von gut kondensiert bis diffus mit nur angedeuteter zentraler Kondensation (die Fragmente I, K, L, N, P und T zeigten überhaupt keine) und Komadurchmessern von 1-5". In Bezug auf die Hauptkomponente (T = 2002 July 31.181 TT) zeigten die Fragmente den folgenden zeitlichen Abstand (in Tagen): C: +0.012, D: +0.037, E: +0.053, F: +0.078, G: +0.156, H: +0.164, I: +0.170, J: +0.180, (B: +0.188), K: +0.194, L: +0.194, M: +0.224, N: +0.226, O: +0.240, P: +0.271, Q: +0.309, R: +0.311, S: +0.313 und T: +0.354 (IAUC 7935). Vorläufige Berechnungen von Z. Sekanina ergeben eine wahrscheinliche Ablösung des Fragments B von der Hauptkomponente A nahe dem Periheldurchgang von 1996 mit recht geringen Driftgeschwindigkeiten (ca. 1 m/s) und der Prognose, daß der scheinbare Abstand A-B in den kommenden Wochen geringer werden wird. Er erachtet es als unwahrscheinlich, daß sich die Fragmente C-T zur gleichen Zeit abgelöst haben, vielmehr scheinen sich die Fragmente C-F erst vor kürzerer Zeit von der Komponente A abgelöst zu haben, während die Fragmente M-T sich möglicherweise von der Komponente B abgelöst haben (IAUC 7946). Weitere Berechnungen von Z. Sekanina ergaben als wahrscheinlichen Zeitpunkt für die Ablösung des Fragments F von der Hauptkomponente A die zweite Maihälfte 2001; die Driftgeschwindigkeit dürfte bei 5 m/s gelegen haben (IAUC 7957).
Werner Hasubick gelang eine visuelle Beobachtung des Fragments A. International wurde diese Komponente im Juli/August auf 13.5-14.0m, geschätzt bei einem Komadurchmesser um 0.7'.
--------------------

Insgesamt wurden nur äußerst wenige Beobachtungen des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko veröffentlicht, so daß seine Entwicklung sehr unklar blieb. Grob können die Werte der Helligkeitsparameter aber mit m0=9.5m / n=4 angegeben werden. Anhand zweier Aufnahmen vom 7.9. und 8.9.02 mit seiner 10"-Schmidtkamera schätzte Michael Jäger die Helligkeit des tief stehenden Kometen auf 11.8m; der Komadurchmesser betrug 1.5' und ein 3.5' langer Schweif konnte ausgemacht werden. Eine Aufnahme vom 13.9. ergab eine Helligkeit von 12.0m, einen Komadurchmesser von 1.2' und einen Schweif von 6' (PW=298°). Er fotografierte den Kometen am 5. Oktober mit seiner 10"-Schmidtkamera erneut, dieses Mal als 12.5m helles Objekt mit einer 0.75' großen Koma und einem 2.5' langen Schweif nach PW=283°. Walter Kutschera kann am 9. und 10. Oktober eine schwache Aufhellung an der vorausgesagten Position ausmachen.
--------------------

Deutlich heller als prognostiziert wurde der Komet 92P/Sanguin. Für die Analyse konnten neben der einzigen visuellen FGK-Beobachtung durch Werner Hasubick 25 internationale Beobachtungen berücksichtigt werden. Die Helligkeitsentwicklung kann grob mit der Formel

m = 10.7m + 5×log D + 11.5×log r

dargestellt werden, was eine maximale Helligkeit von 13.3m Mitte August ergibt. Der Komadurchmesser lag bei etwa 0.8' (knapp 30.000 km), der DC-Wert bei 3-4.

Helligkeit und scheinbarer Komadurchmesser

Michael Jäger schätzte die Helligkeit auf Aufnahmen vom 3.9. und 13.9. mit seiner 10"-Schmidtkamera auf 13.0m und den Komadurchmesser auf 1.2'. Auf der Aufnahme vom 13.9. konnte er zudem einen 2' langen Schweif in PW=340° ausmachen. Auf einer Aufnahme vom 8. Oktober präsentierte er sich als 13.0m helles Objekt mit einer 2' großen Koma.

Andreas Kammerer


Zurück...