Eine weitere Amateurentdeckung gelang am 28. Dezember 2002 dem Amerikaner Charles W. Juels und dem Brasilianer Paulo R. Holvorcem, die über das Internet eine enge Zusammenarbeit in punkto Beobachtung und Auswertung im Bereich der Kleinplaneten und Kometen pflegen. Die Entdeckung gelang - in der ersten Nacht mit dieser Ausrüstung! - mit einem 12cm-Refraktor, an den eine CCD-Kamera angeschlossen war, womit ein 2.3x2.3° großes Feld erreicht werden konnte. Der Komet erschien als 15.1m helles Objekt mit einer 1.8' großen Koma und stand im Sternbild Haar der Berenice. Weitere Beobachtungen zeigten eine 2.5' große Koma mit einer 30" kleinen inneren Koma (IAUC 8039). Der Komet sollte Mitte April 2003 durch sein Perihel gehen, doch wurde nicht erwartet, daß er heller als 10-11m werden würde.
Doch der Komet zeigte in den ersten Wochen eine steile Helligkeitssteigerung, die - sofern sie bis zum Perihel andauern würde - eine Maximalhelligkeit von 4.5m und eine maximale Schweiflänge von 2.5° in der ersten Aprilhälfte bedeutet hätte! Allerdings bestand eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß auch dieser Komet zuvor einen Bruch in der Helligkeitsentwicklung zeigen würde, mit einem deutlich geringeren Aktivitätsfaktor und einer maximalen Helligkeit eher bei 5-6m.
Diese Vermutung bestätigte sich letztlich. Um den 2. März kam es zu dem erwarteten Entwicklungsbruch, in dessen Folge die Helligkeit deutlich langsamer anstieg. Die nachfolgende Auswertung kann sich auf die bislang zugesandten 56 Beobachtungen von 8 FGK-Beobachtern sowie 340 internationale Beobachtungen (bis Ende August) abstützen. Auf dieser Basis zeigt sich, daß sich die Helligkeitsentwicklung 42 Tage vor dem Perihel deutlich abschwächte und somit die maximale Helligkeit nicht bei 4.5m lag, sondern lediglich 6.4m erreicht wurden. Nach dem Perihel wurde der Komet von der Südhemisphäre aus weiter verfolgt und bislang eine stetige Helligkeitsabnahme festgestellt, die aber nur mit einer dt-Abhängigkeit befriedigend dargestellt werden kann. Formelmäßig sieht dies wie folgt aus:
Heliozentrische Helligkeit vor dem Perihel
Helligkeit und scheinbarer Komadurchmesser
Der Komadurchmesser stieg von 2' (150.000 km) Anfang Januar 2003 auf etwa 13' (550.000 km) kurz nach der größten Erdnähe (0.892 AE am 16.2.) an. Danach ging er bis zum Perihel auf etwa 4' (ca. 220.000 km) zurück. Nach dem Perihel stieg der Komadurchmesser aufgrund des abnehmenden Sonnenwindes von 4' (280.000 km) auf 6' (400.000 km) Mitte Juni an. Danach aber ging er stetig zurück und betrug Ende August nur noch 1' (100.000 km). Der Kondensationsgrad der Koma betrug anfangs DC 2-3. In den folgenden Wochen stieg dieser zunächst langsam, dann stetig schneller und erreichte in den Tagen vor dem Perihel einen Wert von fast DC 8. Nach dem Perihel ging er von DC 7-8 im Perihel auf DC 3 Ende Juli kontinuierlich zurück.
Visuelle Schweifschätzungen liegen von Mitte Februar bis Anfang April vor. Die maximale Schweiflänge wurde dabei in den letzten Märztagen gemeldet. Allerdings muß dabei berücksichtigt werden, daß der Schweif aufgrund der geringen Horizonthöhen im weiteren Verlauf nicht mehr in seiner ganzen Ausdehnung erkannt werden konnte. Die maximale visuelle Schweiflänge betrug 1° (5 Mill. km). Der Schweif war praktisch während der gesamten Sichtungsdauer in nördlicher Richtung orientiert.Nach dem Perihel wurden keine Schweifsichtungen gemeldet.
Beobachtungen im Mikrowellenbereich (3-14 µm) ergaben am 20. Februar eine Farbtemperatur von 280 ± 20K, etwa 12 mal höher als die Temperatur eines Schwarzen Körpers im Strahlungsgleichgewicht; Silikatemissionslinien konnten nicht beobachtet werden (IAUC 8083).
Walter Kutschera gibt folgende Beschreibungen des Kometen: Am 8./9.1.03 zeigte sich der Komet als recht schwaches Objekt, das dennoch gut auszumachen war; die Koma erschien ihm zeitweise elongiert. Am 23./24.1. erschien ihm der Komet deutlich heller, wobei die Koma aber weiterhin recht diffus war. Am 9./10.2. zeigte die weiß-bläuliche, leicht elongierte Koma jede Menge Strukturen und ähnelte der von 2002 V1 um den 7.1.03. Einen weiteren Helligkeitsanstieg stellte er am 10./11.2. fest; die Koma zeigte wunderschöne Faserstrukturen verschiedener Helligkeitsstufen. Maik Meyer beobachtete am 20./21.2. eine scheibenförmige zentrale Region von etwa 5' Durchmesser, welche den Hauptanteil zur Helligkeit beitrug, und von einem sehr großen und schwachen äußeren Halo umgeben war. Walter Kutschera konnte am 22./23.2. einen Ansatz nur schwach ausmachen. Andreas Kammerer beobachtete den Kometen am 23./24.2. nahe der unteren Konjunktion (dafür aber ohne Mond) und beschrieb ihn als diffuses, zur Mitte hin etwas verdichtetes Objekt. Volker Kasten erschien die Koma am 24./25.2. blickweise bis 8' groß; sie wirkte blickweise länglich mit einer Hauptachse in Richtung PW=348° (grob). Bei der Beobachtung von Andreas Kammerer stand der Komet erneut nahe seiner unteren Konjunktion (Höhe 23°); der Komet selbst erschien wegen der sehr transparenten Atmosphäre deutlicher als in der vorangegangenen Nacht. Laut Walter Kutschera zeigte der Komet am 25./26.2. eine deutlich größere, voll strukturierte Koma mit Schweif.Maik Meyer konnte am 7./8.3. einen sehr schwachen Schweif erkennen. Andreas Kammerer beobachtete eine deutlich verdichtete Koma; der Komet stand nahe ß Lac (Höhe 16°). Auch am 9./10.3. war die Koma laut seiner Beobachtung wieder deutlich verdichtet; der Komet stand nahe alpha Lac (Höhe 25°). Laut Walter Kutschera zeigte der Komet mehrere Helligkeitsabstufungen innerhalb der weiß-gelblichen Koma; der false nucleus wurde erst bei höheren Vergrößerung erkennbar; der in ganzer Breite von der Koma abgehende Schweif wirkte recht schwach, zeigte aber dennoch bei 357x feinste Strukturen. Für Andreas Kammerer präsentierte sich der Komet am 13./14.3. als überraschend un-auffälliges Objekt mit einer kleinen, stark verdichteten Koma (Helligkeitsabfall?). Volker Kasten hatte am 15./16.3. mit schlechten Beobachtungsbedingungen (starker Dunst, kräftiges Mondlicht, Kometenhöhe 20°) zu kämpfen. Am 18./19.3. wirkte die Koma auf ihn blickweise türkis oder bläulich. Am 23./24.3. hatte er blickweise den Eindruck eines bis zu 18' langen, nach PW=350° gerichteten Schweifes, doch war er sich unsicher.
Andreas Kammerer