Auswertungen abgeschlossener Kometensichtbarkeiten

C/1999 H1 (Lee)


Der interessanteste Schweifstern des Jahres 1999 war ab Anfang August sicherlich der am 16. April 1999 vom australischen Amateur Steven Lee auf einem Beobachtertreffen im Sternbild Fliege entdeckte, 9m helle Komet C/1999 H1 (Lee). Nicht nur aufgrund seiner Helligkeit, die ihn zu einem einfachen Fernglasobjekt machte, sondern wegen des Auftretens des vorhergesagten Gegenschweifs. Dieser konnte bereits Anfang August beobachtet werden und wurde in den kommenden 2-3 Wochen stetig heller, so daß er zeitweise den eigentlichen Gasschweif an Auffälligkeit deutlich übertraf (mir gelang es visuell nur, den Gegenschweif zu erkennen!). Stand der Gegenschweif zu Beginn noch "schief" (Winkel zum Gasschweif ca. 150°, so schwenkte er bis Ende August immer mehr auf die Solarrichtung ein.

Für die Auswertung wurden 151 Beobachtungen von 16 FG-Beobachtern und 725 internationale Beobachtungen verwendet. Die Helligkeitsentwicklung kann sehr gut mit nur einer Formel dargestellt werden:

m = 6.5m + 5×log D + 10.7×log r

was eine Maximalhelligkeit von 6.0m im Perihel und eine beobachtbare größte Helligkeit von 6.5m ergibt.

Bezüglich der Entwicklung des Komadurchmessers ergeben sich zwei identische Maxima (Mitte Mai und September/Oktober) von 12' unter mondlosem Himmel. Der scheinbare Durchmesser zur Zeit des Perihels dürfte damit bei 3-4' gelegen haben. Absolut stieg der Komadurchmesser rasch von anfangs 250.000 km auf 450.000 km an. Dieser Wert wurde dann bis Ende Oktober aufrechterhalten, als er innerhalb kürzester Zeit auf nur noch 220.000 km zurückging. Bis Anfang Januar 2000 nahm er langsam auf 180.000 km ab. Die Koma war viele Monate hinweg gut kondensiert. Der DC-Wert stieg von anfangs DC 4 auf DC 6-7 vor dem Verschwinden in der Dämmerung. Nach dem Perihel lag er zunächst bei DC 5-6, und fiel in den folgenden Monaten kontinuierlich auf DC 1 Anfang Dezember ab.

Vor dem Perihel wurde ein Gasschweif bis zu 0.5° (2 Mill. km) Länge beobachtet. Nach dem Perihel war anfangs ein zumindest fotografisch gut erkennbarer Gasschweif auszumachen, der aber rasch schwächer wurde. Parallel hierzu bildete sich ein Gegenschweif aus, der in den folgenden Wochen zunehmend heller bzw. länger wurde und von visuellen Beobachtern wesentlich einfacher ausgemacht werden konnte als der Gasschweif. Nach dem Perihel erreichte der Gasschweif eine maximale Länge von 0.3° visuell (ca. 1 Mill. km) bzw. 2° (4 Mill. km) fotografisch. Der Gegenschweif konnte visuell bis zu 0.5° und fotografisch bis zu 1° ausgemacht werden.

Helligkeit und scheinbarer Komadurchmesser

Mit Hilfe des Submillimeter Wave Astronomy Satellite (SWAS) konnte bei diesem Kometen Mitte Mai Wasserdampf nachgewiesen werden. Die Gasproduktionsrate betrug 1.0×1029 Molekülen/s, die Geschwindigkeit 1.0 km/s. Eine Periodizität konnte im Zeitraum von fast 5 Tagen nicht festgestellt werden (IAUC 7183). Mit der Infrared Telesope Facility konnte am 20.5. Äthan (C2H6) (IAUC 7198) und mit dem U.K. Infrared Telescope zwischen 20. und 29. Mai Methanol (IAUC 7201) nachgewiesen werden. Radiobeobachtungen am James Clerk Maxwell Teleskop ergaben Wasser-Produktionsraten (Moleküle/s) von 5.5·1028 um den 20. Mai und von 1.2·1029 in der ersten Junidekade (IAUC 7203/7233).

Die Österreicher Michael Jäger und Gerald Rhemann konnten ihn bereits von Mitte Mai bis Anfang Juni ausmachen, da er von dort kurzfrstig in der Abenddämmerung knapp über dem Horizont sichtbar wurde. Laut Michael Jäger zeigte er am 16./17.5. im 20x70-Fernglas eine Helligkeit von 7.0m und einen Komadurchmesser von 4'; fotografisch bestimmte er eine 6' große Koma und einen 10' langen Schweif. Bis zum 3.6. konnte weder fotografisch noch visuell eine Änderung sowohl der Helligkeit als auch von Koma und Schweif festgestellt werden.

Am Morgen des 31.7. gibt David Bender folgenden Bericht: "Die Bedingungen für das Beobachten des Kometen waren äußerst schlecht: Dämmerung, Vollmond und eine Höhe von 6-7° über den Horizont standen dennoch einer Sichtung nicht entgegen. Der Himmelshintergrund zeigte im Okular ein deutliches Blau doch war der Komet überraschenderweise sofort direkt sichtbar. Die Koma war von runder Gestalt und zeigte zum Zentrum hin eine starke Konzentration. Der Rand war diffus auslaufend. Bei 76-facher Vergrößerung konnte ich indirekt einen breiten Schweifansatz in Richtung N-W erkennen." Michael Jäger fotografiert den Kometen am 9.8.: der Komet weist einen 80' langen Gasschweif in PW=312° und einen 35' langen Gegenschweif in PW=108° auf. Laut David Bender war die Koma am Morgen des 18.8. rund und zeigte eine hohe Konzentration zum Zentrum; im Zentrum selbst war ein scheibchenförmiger Zentralbereich erkennbar; bereits beim ersten Anblick fiel der sehr schmale, streamerförmige Schweif des Kometen auf - indirekt zeigte er sich über eine Länge von 7 Bogenminuten; desweiteren konnte er indirekt einen Ansatz eines diffusen Gegenschweifs erkennen. Francois van Loo berichtet am gleichen Morgen von einer schwachen zentralen Kondensation. Am 19.8. zeigte sich der Schweif gemäß David Bender nicht so deutlich; indirekt konnte er wieder einen sehr diffusen, 3' langen Gegenschweif erkennen, dessen Positionswinkel er zu 95° bestimmte. Andreas Kammerer meldet eine sehr gut definierte, zur Mitte hin stark konzentrierte Koma; ein false nucleus heller als 13.5m ist nicht erkennbar; der Gegenschweif indirekt gerade erkennbar. Für den 21.8. gibt Michael Jäger die folgenden fotografisch ermittelten Werte: 2° langer Gasschweif in PW=295° und 40' langer Gegenschweif in PW=107°. Francois van Loo meldet in der gleichen Nacht eine ovale Koma; am 22.8. meint er darüberhinaus, die zentrale Kondensation doppelt zu sehen. Daniel Köhn spricht am 24./25.8. von einer drachenförmigen inneren Koma, während die äußere oval ist; in PW=107° vermutet er einen Jet. Laut Andreas Kammerer ist die Koma an diesem Morgen nicht mehr so stark kondensiert wie vor 6 Tagen; während der NW-Bereich deutlich diffus aussieht, ist der SO-Bereich scharf begrenzt; bei 161x kann er einen false nucleus von 13.0m erkennen. Volker Kasten hat am Abend des 28.8. schlechte Sichtbedingungen; der Komet stand nur 12° hoch.

Der Morgen des 1.9. zeigt Daniel Köhn eine tropfenförmige Koma. Volker Kasten kämpft am Abend des 2.9. mit Dunstfeldern, dem Mond und der Tatsache, daß der Komet an einem 8.4m hellen Stern "klebt". Francois van Loo meldet am Morgen wiederum eine ovale Koma. Dies gilt auch für den 4.9., an dem er zudem meint, die zentrale Kondensation leicht zur Sonne hin verschoben zu sehen. Am Abend des gleichen Tages klagt Volker Kasten über eine starke Behinderung durch irdisches Licht und Dunst. Gegen Mitternacht vom 5./6.9. ist der Schweif laut Heinz Kerner sehr schwach und diffus, Francois van Loo meldet wiederum eine ovale Koma und einen 12m schwachen false nucleus. Auf Volker Kasten wirkte er ziemlich diffus und wenig kondensiert. Walter Kutschera meldet am 8./9.9. eine äußere, schön gefaserte Koma, die sich deutlich vergrößert hat, sowie eine zentrale Kondensation, die sich als grüngelbliches Oval im 54er-Newton bei 120x deutlich abhebt. David Bender berichtet von einer leicht ovalen Koma, deren Konzentration zum Zentrum hin gegenüber den Beobachtungen vom 18. und 20.8. leicht abgenommen hat; indirekt konnte er einen Gegenschweif erkennen; der Gasschweif war hingegen nicht mehr erkennbar. Auf einer fotografischen Aufnahme mit einem 300mm-Teleobjektiv bestimmte er die Komagröße zu 8' und die Länge des Gegenschweifs zu 61' in PW=95°. Francois van Loo meldet erneut eine ovale Koma. Für Andreas Kammerer präsentiert er sich am 9./10.9. im Fernglas als überraschend großes Wölkchen; im 8"-SC, 50x kann eine kontinuierlich ansteigende Verdichtung zur Mitte hin wahrgenommen werden; bei 161x ist statt eines false nucleus ein kleiner zentraler Materieknoten erkennbar. Am 10./11.9. ist es nach Wolfgang Kriebel leicht dunstig, dennoch kann er im 7x50B leicht erkannt werden. Michael Jäger schätzte den Kometen in der gleichen Nacht mit seinem 20x70-Fernglas auf 7.8m mit einer 8-9' großen Koma; fotografisch war nur noch eine Ausbuchtung der Koma am Positionswinkel des Gasschweifs erkennbar, während der Gegenschweif noch immer 50-60' lang war. In dieser und der folgenden Nacht, 12./13.9., kann Walter Kutschera einen jetartigen Schweif von 4.8' Länge in PW=112° gut ausmachen. Andreas Kammerer erkennt im 8"-SC bei 161x wiederum keinen false nucleus, sondern einen kleinen zentralen Materieknoten. Francois van Loo schätzt die zentrale Kondensation in der ovalen Koma am 17./18.9. auf 11.5m; ein Stern befand sich zu dieser Zeit innerhalb der Koma. Am 20./21.9. meldet er eine runde Koma mit schwacher zentraler Kondensation. Andreas Kammerer beobachtet am Morgen des 22.9. von Nordgriechenland aus: der Komet ist als größerer Nebelfleck fast ohne Verdichtung zur Mitte hin gut sichtbar.

In der Nacht 3./4.10. weist der Komet laut Francois van Loo eine schwache zentrale Kondensation auf; ein Stern befand sich innerhalb der Koma. Im 54cm-Newton von Walter Kutschera zeigt der Komet noch einen breitgezogenen, aber schwächer gewordenen Schweifansatz von 3.4' Länge; das Zentrum weist einen Materieknoten auf. In der folgenden Nacht, 4./5.10., hat sich die Koma deutlich vergößert, mit einer immer noch schönen Struktur und leicht ovalem Zentralgebiet; der Schweifansatz ist deutlich verkürzt. Francois van Loo meldet für den 5./6.10. erneut eine ovale Koma. Michael Jäger fand den Kometen am 7./8.10. fotografisch als 10' großes Objekt mit einem 25' langen Gegenschweif. Heinz Kerner spricht am 11./12.10. von einer schwachen äußeren Koma, laut Daniel Köhn ist die Koma am 14./15.10. rund. In der gleichen Nacht erkennt Andreas Kammerer eine diffuse äußere Koma, in deren Zentrum ein nach W verschobener, ca. 15" großer Materieknoten saß; die Koma war eventuell elliptisch. Volker Kasten wurde am 17./18.10. etwas durch Mondlicht gestört. Auch am 18./19.10. meldet Andreas Kammerer eine diffuse äußere Koma und im Zentrum ein nach W verschobener, ca. 15" großer Materieknoten. Bei der Beobachtung Maik Meyers vom 31.10./1.11. stand der Komet nahe eines 12m hellen Sterns. Laut Walter Kutschera zeigte der Komet am Abend des 14.11. insgesamt eine sehr schwache Koma; die zentrale Kondensation war nur noch eben ausmachbar. Am 26.11. präsentiert er sich nur noch als schwache Aufhellung.

Andreas Kammerer

FG-Beobachtungen


Zurück...